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auch, daß Gott die Welt nicht etwa aus seinem Wesen zeugte, denn

dann wäre sie Gott gleich. Er gab demnach auch den Dingen, die

aus nichts geschaffen sind, nicht das höchste Sein (summa essentia);

nur Gott ist das höchste Sein

1

. Gott schuf die Welt aus absoluter

F r e i h e i t seines Willens; er war dabei keinerlei Notwendigkeit

unterworfen

2

. — Das Sein der Welt ist ein vermindertes Sein

(minus esse) gegenüber dem höchsten Sein Gottes, dem summum

esse. Als schöpferische Substanz ist Gott überall (ubique diffusus).

Die Welterhaltung ist eine f o r t g e h e n d e S c h ö p f u n g

3

.

In der Ordnung des Weltalls hat alles sein Maß. Der Satz Platons:

„Gott ist das Maß aller Dinge“

4

gilt auch für die Schöpfungslehre

des Augustinus

5

. Da es in Gott keine Zeit gibt, darf man auch nicht

vor und nach Erschaffung der Welt unbegrenzte Zeiträume an-

nehmen. Man kann also besser sagen, die Welt sei zugleich mit der

Zeit als „In der Zeit“ geschaffen worden

6

. Gottes Entschluß zur

Weltbildung aber ist ein ewiger

7

.

Endlich: Der schon alttestamentliche Gedanke, Gott habe die

Welt aus n i c h t s geschaffen, erhält durch die Lehre des

Augustinus, daß die Platonischen Ideen als die G e d a n k e n

G o t t e s aufzufassen sind, erst seine nähere Bestimmung, seinen

vollen Sinn. Gott schafft nunmehr nichts aus einem im verneinen-

den Sinne zu verstehenden Nichts, vielmehr aus einem im aufbauen-

den Sinne zu verstehenden — Gott schafft aus der I d e e der Welt.

Es ist nicht ein sozusagen schlechthiniges Nichts, aus dem geschaffen

wird, vielmehr aus der I d e e als einem Prinzipe. Die Idee der

Welt ist das ihr zugrunde liegende Prinzip; weder eine von Gott

schon Vorgefundene Materie noch eine aus abschwächender Ema-

nation automatisch entstandene Materie ist nun zur Weltschöpfung

nötig. Einzig der göttliche Gedanke, die Idee, und der freie gött-

1

Augustinus: De civitate Dei XII, 2.

2

Augustinus: De civitate Dei XII, 21 ff.

3

Augustinus: De civitate Dei XII, 25.

4

Platon: Nomoi 716 c.

5

Augustinus: De civitate Dei XII, 4.

Augustinus: De vera religione 11, n. 21; 18, n. 36.

6

Augustinus: De civitate Dei XI, 4 ff.

7

Augustinus: De civitate Dei XI, 4 ff.