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bildner = Gott), indem er auf die Ideen hinblickt, die ungeordnete

Materie zur Welt gestalte.

Hier wird also insoferne eine d u a l i s t i s c h e Lehre ent-

wickelt, als Gott schon eine Materie neben sich vorfindet, ehe er

die Welt gestaltet. Die Materie wäre demnach, dies zu Ende gedacht,

eine Urwirklichkeit neben Gott und zweifellos eine gegensätzliche

Wirklichkeit. Ein U r d u a l i s m u s zwischen Gott und der Ma-

terie wäre die Folge, ein echter Schöpfungsbegriff wäre ausgeschlos-

sen. — Allerdings ist auch die Annahme möglich, daß Platon hier

nur Bilder gebraucht und einen Lehrbegriff der „Schöpfung“ gar

nicht geben wollte. — Ähnlich wie Platon schon vorher A n a -

x a g o r a s : dem N u s (Urgeiste, Gott) stehen die „Homoio-

merien“, die Materie, gegenüber.

Wie Platon so auch grundsätzlich A r i s t o t e l e s . Gott ist ihm

reine Tätigkeit (energeia, actus purus), körperloser Geist, was er

näher als „Denken des Denkens“ bestimmt. Von diesem hohen

Gottesbegriffe kann Aristoteles aber den Weg zur Materie nicht

finden. Er konnte aus Gott weder die „Formen“ (Ideen im Sinne

Platons) noch die Materie ableiten. I n s o f e r n e gelingt es ihm

nicht, Gott und die Welt, auch nicht Form (Idee) und Materie zu

vereinigen. Allerdings versucht er die Zusammengehörigkeit von

Form und Materie zu begründen (durch die sogenannte Immanenz

der Form), aber man kann nicht sagen, daß ihm das gelungen sei;

wie er denn auch lehrt, daß der Geist, der Nus, von außen in den

Menschen komme. Insoferne ihm dies also nicht gelingt, muß auch

er d u a l i s t i s c h genannt werden. (Allerdings besteht auch die

Möglichkeit, daß er aus der Selbstbetrachtung Gottes die Ent-

stehung der Welt gefolgert habe; jedoch führte er das nirgends

näher aus, besonders nicht in seiner Formenlehre, und es ist wohl

ausgeschlossen, daß Meister Eckehart eine solche Lehre schon dem

Aristoteles zuschrieb).

Soferne man also bei Platon die (im Gespräch „Sophistes“ vor-

handenen) Andeutungen einer Entstehung der Materie aus der

Ideenwelt übergeht und sich an den Timaios hält; soferne man des-

gleichen bei Aristoteles die Möglichkeit einer Entstehung der Welt

aus dem „Denken des Denkens“, das ist dem Selbstdenken Gottes,

nicht für hinlänglich gegeben hält — insoferne wird bei beiden die

Wirklichkeit der Materie als eines eigenen Urseins vorausgesetzt,