Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7878 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7878 / 9133 Next Page
Page Background

F ü n f t e r A b s c h n i t t

Naturphilosophie

I. Das bestimmte Naturbild Eckeharts

Will man Eckeharts Naturanschauung verstehen, so muß man sich

zuerst von jenem Bilde, das die heutige Naturwissenschaft uns von

der Natur einimpfte, frei machen! Die neuzeitliche Naturwissen-

schaft kennt nur blinde Notwendigkeit, nur mathematische Ge-

setze, welche uns rein mengenhaft Vorgänge mechanistischer Art zur

Darstellung bringen, daher denn auch folgerichtig ihrerseits wieder

auf atomische Vorgänge zurückgeführt werden. Bis vor 50 Jahren

waren es kleinste Materieteilchen, welche durch Druck und Stoß,

jetzt sind es letzte elektro-dynamische Teilchen und Vorgänge, die

durch elektro-dynamische Gesetze bestimmt werden. G r u n d -

s ä t z l i c h i s t e s d i e s e l b e P h y s i k wie früher. Die Er-

haltungssätze, jetzt alle zurückgeführt auf den einen Satz der Er-

haltung der Energie, vollenden dieses Bild einer völlig entseelten

Natur, indem sie alles Naturgeschehen ausnahmslos als Veränderung

j e w e i l s s c h o n g e g e b e n e r Größen, Energiemengen, Mas-

sen usw. auffassen.

Wie dem im einzelnen immer auch sein möge: im Mittelalter sind

es stets schöpferische, den seelischen Vorgängen irgendwie ähnliche,

wenn auch vom m e n s c h l i c h e n Geiste sehr entfernte, Ge-

schehnisse, welche man in der Natur sah. Ebenso die gesamte alte

Welt. Für Eckehart war dementsprechend ebenfalls die Natur, so

dürfen wir es in unserer Weise ausdrücken und erläutern,

(1)

ein Stufenbau von niedrigeren und höheren, personähnlichen

Wesenheiten oder Mächten;

(2)

ein Inbegriff von s c h ö p f e r i s c h e n Tätigkeiten und Ein-

flüssen dieser Mächte, welche einerseits die jeweils oberen auf die

unteren a u s ü b t e n , andererseits die jeweils niederen von

den oberen a u f n a h m e n . G e b e n u n d E m p f a n g e n