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atheistische Folgerung mehr oder weniger entschieden ziehen (in der Volks-

religion hat dies allerdings insofern keine Bedeutung, als ja Buddha selbst zum

Gotte erhoben wird).

Bedenken wir noch, daß Eckehart auch dem Leiden eine schöpferische Seite

abgewinnt, dem Leben selbst göttlichen Ursprung zuerkennt, auch in der

Natur Leben und Gottesglanz sieht, vor allem aber die T ä t i g k e i t neben

der Beschauung und Abgeschiedenheit in entschiedenster Weise fordert — be-

denken wir dies alles, so haben wir in Eckeharts Mystik eine Lehre, welche von

selbst und mühelos den heute in Europa wieder um sich greifenden nihilisti-

schen Buddhismus widerlegt! Und sie widerlegt ihn, was besonders zu würdigen

ist, indem sie auf dieselbe mystische Erfahrung zurückgeht wie jene lähmenden,

alles Leben abtötenden Richtungen des Buddhismus. Von dem Unterschiede

des christlichen und buddhistischen Erlösungsbegriffes, welch letzterer die Be-

freiung von endlosen Wiederverkörperungen ist, sehen wir dabei ganz ab!

Im besonderen haben wir noch die Auffassung Karl Eugen N e u m a n n s

zurückzuweisen, wonach Eckehart mit Buddha gerade in den oben erwähnten

nihilistischen Lehren übereinstimmen soll! Sein Buch „Die innere Verwandt-

schaft buddhistischer und christlicher Lehren. Zwei buddhistische Suttas und ein

Traktat Meister Eckeharts, aus den Originalen übersetzt“

1

, ist aber von der-

selben Willkürlichkeit leider nicht freizusprechen, an der auch, wie bekanntlich

sprachwissenschaftliche Kenner nachwiesen, seine Übersetzungen leiden.

III.

Mystischer Begriff der Gemeinschaft (Gezweiung)

Ist nun Abgeschiedenheit und zuletzt alle Mystik ein individuel-

les Verhältnis der menschlichen Seele zu Gott? Läuft sie daher nicht

letzten Endes, ins Gesellschaftliche übertragen, auf I n d i v i d u a -

l i s m u s u n d S u b j e k t i v i s m u s hinaus?

Solche Fragen stellt Eckehart allerdings nicht ausdrücklich, denn

in jener glücklichen Zeit des Mittelalters, in der er lebte, gab es

noch keine „soziale Frage“ im eigentlichen Sinne; und vollends die

individualistische Gesellschaftserklärung, welcher die Gesellschaft

eine bloße Ansammlung geistig selbstgenügsamer („autarker“) Ein-

zelner ist, wetterleuchtete erst schwach am Himmelsrande der Ge-

schichte, nämlich in Gestalt der Lehren des Marsilius von Padua

und der „kleinen Meister“, wie Eckehart die Nominalisten nannte

2

.

Könnte sich nicht dennoch heimlich ein Individualismus durch die

Abgeschiedenheitslehre in die Sittenlehre Eckeharts eingeschlichen

haben? Wir antworten: nein! Denn obgleich sich die Abgeschieden-

1

Leipzig 1891, Verlag Max Spohr.

2

Über die (individualistische) Gesellschaftsauffassung des Marsilius von Padua

siehe mein Buch: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre auf lehrgeschicht-

licher Grundlage, 25. Aufl., Heidelberg 1948, S. 22 [27. Aufl., Graz 1967, S. 33].