Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7955 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7955 / 9133 Next Page
Page Background

203

äußerem Handeln, von Abgeschiedenheit und Tätigkeit begründet

Eckehart mehrfach. Wir beginnen mit seiner Begründung aus den

inneren Lebenserfordernissen des Geistes, welche man in heutiger

Namengebung „psychologisch“ nennen würde. Er drückt seinen

Gedanken, wie immer schöpferisch, kurz in den meisterlichen Wor-

ten aus: Werk als Werk und Zeit als Zeit, die sind verloren, aber

die Frucht bleibt. Er erklärt das in einer gut erhaltenen Predigt, in

der er den seinen Hörern sichtlich noch ungewohnten Gedanken

ausführlich darlegt:

„. . ., werc unde zît sint verlorn mit einander, werc als werc, zît als zît,“

1

Aber

„ . . . diu fruht des Werkes belîbet,.. ,“

2

,

nämlich im Geiste des Menschen, welcher das Werk vollbrachte.

Eckehart entwickelt diese wichtige Lehre in der Form einer theo-

logischen Fehde, was der Grund dafür sein dürfte, daß sie bisher

in ihrer großen Bedeutung für die Lehre vom schauenden und

handelnden Leben nicht erkannt, geschweige denn gewürdigt wurde.

Eckehart geht nämlich in jener Predigt, aus der man seine Sprech-

weise bildhaft kennenlernt, von einer Fehde gegen die damals herr-

schende theologische Auffassung aus, daß zwar die Werke, die jener

Mensch tut, der in der G n a d e steht,

„. . ., diu sint êwiges lebenes wert,.. .“

3

;

dagegen die Werke, die jener Mensch tut, der in Todsünden fiel,

„ . . . , diu sint alliu tôt, als er ouch selber tôt ist, noch ensint niht êwiges

lebennes wert, . . .“

4

.

Eckehart dagegen sagt:

„Unt daz widerspriche ich, . . . w i d e r a l l e die meister, die nû lebent.“

5

Er erklärt dann ausführlich, daß weder ein Werk als s o l -

c h e s noch auch die Zeit (z. B. der Todsünden) als solche gut oder

schlecht sei

6

; daß vielmehr der G e i s t , aus dem das Werk ge-

1

Pf. 72, 4: ...Werke und Zeit sind miteinander verloren, die Werke als

Werke, die Zeit als Zeit.

2

Pf. 73, 2: .. . die Frucht des Werkes bleibt,...

3

Pf. 71, 17: ... die sind ewigen Lebens wert, ...

4

Pf. 71, 22: ... die sind alle tot — wie er auch selber tot ist — und haben

auch keinen Wert für das ewige Leben. ..

5

Pf. 71, 30; 34: Und dem widerspreche ich... (dies geht) g e g e n a l l e

die Meister, die jetzt leben.

6

Pf. 72, 5 ff.