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209

Hier ist die Abgeschiedenheit als das erste, die Gottesgeburt als

das zweite, die Lehre vom Adel der Seele, also des Fünkleins, als

das dritte Ziel seiner Predigt bezeichnet (diese Dreiteilung als Lehre

von der Systematik Eckeharts zu betrachten, wie Lasson und an-

dere taten, ist allerdings verfehlt).

Zur vollen Würdigung des Miteinanders von schauendem und

tätigem Leben ist es endlich nötig, sich der Lehre Eckeharts von der

Ü b e r z e i t l i c h k e i t u n d U b e r r ä u m l i c h k e i t d e r

V e r n u n f t sowohl wie besonders des Fünkleins zu erinnern:

Der innere Mensch und der äußere Mensch sind zwar am selben Orte, „trotz-

dem sind sie weiter voneinander geschieden als der oberste Himmel“, sagt Ecke-

hart in einer lateinischen Predigt.

1

Und ebenda:

„Der innere Mensch ist auf keinerlei Weise in der Zeit oder an einem Orte.“

2

Erst im Werke findet die Seele zu Gott, ja das Werk erklärt ge-

radezu den S i n n d e r S c h ö p f u n g :

„Möhte si [die Seele] got bekennen âne die werlt, diu werlt enwêre nie dur

si geschaffen. Dar umbe ist diu werlt durch sî gemachet, daz der sêle ouge

geüebet unde gesterket werde, daz ez gotlich lieht lîden mac ... Alsô ist daz

götlîche lieht alsô überkreftic unde klâr, daz der sêle ouge niht gelîden enmöhte,

ez enwerde gestêtiget und ûf getragen bî materie unde bî glîchnüsse unde werde

also geleitet unde gewenet in daz götlîche lieht.“

3

Von allen Seiten her sehen wir Eckehart bemüht, die Notwen-

digkeit des tätigen Lebens neben dem schauenden zu begründen.

Aber den Schlüsselbegriff für diese seine Lehre findet man erst in

dem großen Gedanken, daß der Mensch wie jedes Wesen im Tun

seine Kräfte entfalte, seine Wirklichkeit erlange; wodurch dieses

Tun zuletzt zu Gott führt.

1

B 193.

2

B 193.

3

Pf. 170, 16: Könnte sie (die Seele) Gott erkennen ohne die Welt, so wäre

die Welt nie um ihretwillen geschaffen worden. Um der Seele willen ist die Welt

gemacht worden, dazu, daß der Seele Auge geübt und gestärkt werde, daß sie

das göttliche Licht ertragen könne... Das göttliche Licht ist nämlich so überaus

stark und hell, daß der Seele Auge es nicht ertragen könnte, ohne daß jenes

Auge durch Materie und durch Gleichnisse gekräftigt und emporgetragen und so

geleitet und eingewöhnt würde in das göttliche Licht.