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211

gerne. Sehent, d1a würde krieg ze luste, wan swaz der mensche muoz mit grôzer

arbeit erstriten, daz w i r t i m e i n k e r z e n f r ö i d e unde denne wirt ez

fruhtber.“

1

Die Lehre Kants, der Wille müsse der Vernunft, nicht aber der

sinnlichen Empfindung folgen, finden wir also bei Eckehart in voller

Reinheit! Wir finden sie überdies insoferne begründet, tiefer be-

gründet als bei Kant, weil Eckehart zu solcher Befähigung des Wil-

lens seine Gründung in Gott durch Abgeschiedenheit voraussetzt!

Er geht auch darin in großartiger Seelenkenntnis über Kant hinaus,

daß er erkennt, wie gerade aus dem Widerstreite der Vernunft

gegen die Sinne das f r e u d i g e Werk erwachse, die Siegesfreude!

Und wieder knüpft Eckehart hieran den Preis des tätigen Lebens:

„Nû wellent etelîche Hute dar zuo komen, daz sie werke lidig sîn. Ich spriche:

es enmac niht sîn. Nach der zît dô die junger enpfiengen den heiligen geist, dô viengen sie

erste an tugende zu würken ... Sô die heiligen ze heiligen werdent,

denne aller êrst vâhent sie an tugende ze würken, wan denne samenent sie hort

êwiger sêlden.“

2

Von dieser allgemeinen Grundlegung der Tugendlehre geht Ecke-

hart zur b e s o n d e r e n über:

„Nû vernement die lêre der tugende. Tugenthaft leben hât driu punct an

willen. Daz ein ist, den willen ûf geben in got, wan daz muoz sîn, daz man daz

volbringe daz man dâ bekennet, ez sî denne abe legen oder zuo nemen. [Hier

ist der Text Pfeiffers lückenhaft; es dürfte etwa heißen: das andere muß sein,

daß man vollbringe, was man erkennt; das dritte ... bis: Dementsprechend ist

dreierlei Wille.] Ez ist drierleie wille. Der ein ist ein sinnelicher wille, der ander

ist ein redeliîcher wille, der dritte ist ein ewiger wille. Der sinnelîcher wille

gebiutet lêre, daz man hoere wâre lêre. Der redelîche wille daz ist, daz man die

füeze setze in alle diu werc Jêsû Kristî unde der heiligen, daz ist, daz man geliîch

schicke w o r t , w a n d e l u n d e g e w e r b an daz nêhste geordent. Sô diz

vollebr^hht wirt, so git got ein anderz in der sêle grunt, daz ist ein EWIGER

1

Pf. 53, 17: Das aber soll man erreichen, daß ein rechtschaffen dem gött-

lichen Vorbilde nachstrebender Wille aller sinnlichen Lust frei sei; daß, wenn

nun verständige Einsicht jenes oben genannte Getöne wahrnimmt, sie dem (sinn-

lichen) Willen gebietet, sich abzuwenden, und daß der Wille dann sage: Ich tue

es gerne. Sehet, da würde Kampf zu Lust; denn was der Mensch mit großer An-

strengung erkämpfen muß, das wird ihm zur Herzensfreude, und dann erst wird

es fruchtbar.

2

Pf. 53, 23: Nun wollen manche Leute es so weit bringen, daß sie der Werke

ledig werden. Ich aber sage: Das kann nicht sein! Nach der Zeit, da die Jünger

Christi den Heiligen Geist empfingen, da erst fingen sie an, Tugenden zu wir-

ken .. . Wenn die Heiligen zu Heiligen werden, dann erst fangen sie an, Tu-

genden zu wirken, denn dann erst sammeln sie einen Hort für die ewige Selig-

keit.