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213

weil sie an das G o t t g e g r ü n d e t e aller Tugend anknüpft

und den (auch platonischen) Grundsatz in ihrem Orte verwirklicht,

Tugend sei die „Verähnlichung mit Gott“; und weil sie zugleich

das G e s e l l s c h a f t l i c h e aller Sittlichkeit, neuzeitlich gesagt,

den V o r r a n g d e s S o z i a l e t h i s c h e n v o r d e m I n d i -

v i d u a l e t h i s c h e n in sich schließt! Denn:

„W a z ist g u o t ? Daz s i c h g e m e i n e t.“

1

Die Mitteilsamkeit, wie Benz communicabilitas treffend über-

setzte, ist demnach eine Tugend, die zugleich an den G o t t e s -

b e g r i f f u n d a n d e n G e m e i n s c h a f t s b e g r i f f anknüpft!

Kehren wir zum Grundsätzlichen zurück.

Alles Gute wird um Gott, daher „sonder warumbe“ getan, das

heißt nicht um des Lohnes, des äußeren Erfolges willen, sondern

um des Guten willen. Wie bei K a n t — „Es ist überall nichts in

der Welt, was wahrhaft gut zu nennen wäre, als allein der gute

Wille“

2

— entscheidet auch bei Meister Eckehart allein der gute

Wille. In seinem lateinischen Kommentar des Johannes-Evangeliums

heißt es:

„So oft jemand etwas Gutes tut um des Gutes-Tun willen, das heißt nur des-

halb, weil dies zu tun gut ist, ohne eine Nebenabsicht, sondern um seiner selbst

willen, also zu keinem Nutzen noch Vergnügen — denn das Vergnügen folgt

auf das Wirken —, dann reißt uns das Gutes-Tun um seinetwillen und aus

eigener Kraft mit fort .. . Das gänzlich Gute nämlich ist von dem nützlich und

erfreulich Guten zu unterscheiden. Es reißt mit eigener Kraft fort, nicht mit der

Kraft des nützlich oder erfreulich Guten.“

3

Was um einen Lohn, um ein Warum gewirkt wird, ist tot:

„Lebendig ist das, was von innen her . . . bewegt wird, aus sich selbst heraus

oder eben von innen her. Tot dagegen heißt alles, was ... von außen her be-

wegt wird. Ein Werk also ist tot, wenn etwas, was außer ihm liegt, als Ur-

sprung oder als Endzweck auf dies Werk hinzielt.“

4

Die Handlung und das äußere Werk werden von der Güte, aus der

heraus sie vollzogen werden, gut, nicht umgekehrt:

„Das ist ein Akt der Tugend, der seinen Träger gut macht, und der auch

dessen äußeres Werk gut macht.“

5

1

Pf. 269, 21: Was ist g u t ? D a s , w a s s i c h v e r g e m e i n s a m t .

2

Eingangsworte der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“.

3

Deutsch von Konrad Weiß, in: Ilse Roloff: Meister Eckeharts Schriften zur

Gesellschaftsphilosophie, Jena 1934, S. 309 (= Die Herdflamme, Bd 20).

4

Deutsch von Konrad Weiß, in: Ilse Roloff: Meister Eckeharts Schriften zur

Gesellschaftsphilosophie, Jena 1934, S. 311 (= Die Herdflamme, Bd 20).

5

Deutsch von Konrad Weiß, in: Ilse Roloff: Meister Eckeharts Schriften zur

Gesellschaftsphilosophie, Jena 1934, S. 311 (= Die Herdflamme, Bd 20).