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221

teile: sie s o n d e r t s i c h a b , das heißt aber wieder, sie

schrumpft in sich zusammen, sie m i n d e r t i h r e n G e h a l t

a n S e i n , an Wirklichkeit

1

. Daher ist bei Eckehart folgerichtig

das Böse B e r a u b u n g , Mangel, wie schon dem Aristoteles und

der gesamten aristotelischen Scholastik. Das Bemerkenswerte ist da-

bei aber: daß d i e s e r L e h r b e g r i f f m i t E c k e h a r t s

N a t u r - u n d S c h ö p f u n g s l e h r e zusammengeht! Er er-

hält dadurch eine eigene Farbe. Damit stimmen alle weiteren

Äußerungen Eckeharts dieser Art:

„ D a s B ö s e e n d e t i m N i c h t s.“

2

Und dazu eine wichtige Ausdeutung:

„ D a s N i c h t s s e l b s t i s t d i e U r s a c h e a l l e n Ü b e l s (ipsum nihil

est causa omnis mali).“

3

Eckeharts Grundgedanken können wir demnach auch so aus-

sprechen: im Streben zu Gott tätig zu sein und seine Eigenschaften

zu entfalten, m e h r t u n s e r S e i n und nähert uns Gotte;

im Streben zu sich selbst tätig zu s e i n , m i n d e r t u n s e r

S e i n , entfert uns von Gotte, führt zum Nichts, zum Bösen.

Und ebenso:

„Selbst das Nichts, die Wurzel des Bösen. . .“

4

[übrigens heißt es hier weiter:

„der Beraubung und der Vielheit, verbirgt sich im wahren und vollen Sein

selbst“ — das heißt in seiner Idee, hier in Gott, gemäß der oben gegebenen

Darstellung seiner Ideenlehre].

Bemerkenswert ist, daß hier Eckehart das Nichts gleichsam dra-

matisiert und sozusagen selbständig auftreten läßt, während es ja

seiner eigenen Lehre gemäß erst die Folge einer Art von Schrump-

fung, Selbstvernichtung, Selbstberaubung ist.

Die S ü n d e

Übereinstimmend mit dem Begriffe des Bösen als dem Wege

zum Nichts bestimmt Eckehart den Begriff der S ü n d e :

1

Dasselbe erweist sich in der Gesellschaftslehre. Gezweiung, Gemeinschaft er-

weckt den Geist, Absonderung macht ihn schrumpfen. Siehe mein Buch: Gesell-

schaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 113 f. [4. Aufl., Graz 1969, S. 143 f.].

2

B 164.

3

B 86.

4

B 86.