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„Alles wird neu, gut, rein, lauter und heilig, indem es sich Gotte zukehrt.“
1
Sollen wir diese Lehre Eckeharts auf ihren letzten Kern bringen,
so heißt das: Das Leiden ist eine Seinsminderung; alle Seinsmin-
derung ist nur zu überwinden durch innere Gotteserfahrung, die
Erneuerung, Erlösung ist; in dieser allein ist die W a h r h e i t ;
die Wahrheit allein gibt F r e i h e i t !
Nur die Wahrheit und die innere Freiheit b e f r e i t , e r -
l ö s t .
„Der Intellekt, in dem die Wahrheit ist, ist f r e i.“
2
Mit dieser unserer Auffassung der Lehre Eckeharts stimmt es
auch allein überein, daß er andererseits die r e i n i g e n d e , v e r -
v o l l k o m m n e n d e K r a f t d e s L e i d e n s lehrt.
„Daz snelleste tier, daz iuch treit ze vollekomenheit, daz ist lîden, .. .“
3
.
Allerdings, so müssen wir hinzufügen, nicht Leiden als Seinsmin-
derung, sondern nur jenes Leiden läutert, erlöst demnach, welches
der Mensch in einem freien Akt auf s i c h n i m m t ; welches
ihm also auf der anderen Seite zu einem inneren A u f s c h w u n g e
verhilft, zur Stärkung am Sein.
Was ist aber f r e i ?
„Frier wille ist ein smackendiu kraft götlîches guotes, daz ir [der Seele] diu
Vernunft gewîset hât.“
4
Und die Vernunft bestimmt Eckehart in diesem Zusammenhange
als Kraft der inneren Gotteserfahrung (wie früher die Erkenntnis).
„. .. , wan diu Vernunft ist diu hoehste kraft der sêle, mit der diu sêle ein
îngrîfen hât in daz götlîche guot.“
5
Die aus solcher Quelle kommende Freiheit allein bewirkt und
kann es bewirken, daß unser Leiden nicht mehr ein Erleiden, son-
dern ein Tun wird:
„. .. weil wir durch Leiden kein Verdienst erwerben, es w a n d l e s i c h
d e n n i n d i e K r a f t d e s W i r k e n s , i n d e m d e r L e i d e n d e e s
a u f s i c h n i m m t.“
6
1
B 149.
2
B 160.
3
Pf. 492, 23: Das schnellste Roß, das euch zur Vollkommenheit trägt, ist
Leiden.
4
Pf. 480, 31: Der freie Wille ist die Schmackkraft eines göttlichen Gutes, das
die Vernunft der Seele gewiesen hat.
5
Pf. 480, 29: ... denn die Vernunft ist die höchste Kraft der Seele, mit der
diese in die göttliche Substanz zu dringen vermag.
0
B 104.