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nur den Sünder berührt, nicht aber Gott. Dasselbe muß aber auch

für das Leiden und die darin gelegene Seinsminderung gelten. Dem-

gemäß ist Eckeharts oben angeführtes Wort: „daz er Gott lide sun-

der lîdenne. Lîden ist im so wunneclich, daz lîden ist im niht

lîden“ zu verstehen. In Gott ist alles göttlich, daher alles, was dem

Leiden des Sünders entsprechend in Gott gedacht werden könnte,

kein Leiden im kreatürlichen Sinne, sondern lauteres, göttliches

Leben, Wonne.

Das wird durch viele Stellen bestätigt, so z. B.:

„Hie ist der mensche ein wâr mensche und in disen menschen vellet kein

lîden, alse wênic als in gotlich wesen gevallen mac, ..

In einer lateinischen Predigt heißt es:

„Erstens, daß jedes Werk, das einen Mangel oder sonst ein Übel bedeutet,

das heißt ein Werk der Bestrafung oder Pein, Gott fremd ist. Denn immer . ..

bringt Gott das Seiende oder das Sein (ens sive esse), das Gute und Beste her-

vor . . . (daher) jeder, der ein Böses als solches tut, dies tut. .. soweit er Gott

fremd, Gott ferne ist. . .

Zweitens . . ., je mehr uns Gott zürnt, desto mehr erbarmt er sich und hat

Mitleid mit uns. Erstens, weil in ihm Z o r n u n d B a r m h e r z i g k e i t

d u r c h a u s d a s s e l b e s i n d , zweitens, weil er selbst o h n e Z o r n

z ü r n t . . .

Drittens, weil z. B. die Gerechtigkeit. . . ihrem Wesen nach der Rechtferti-

gung oder Aufrichtung des Ungerechten und der Aufhebung und Vernichtung des

Unrechts dient; und je größer das Unrecht war, um so mehr hebt sie es natur-

gemäß a u f . . .

Daher wird von G o t t g e s a g t , e r h e b e d i e S ü n d e n a u f . . .“

2

.

Trotzdem fügt aber Eckehart unmittelbar hinzu:

„und (wird gesagt) unsere Sünden peinigten gewissermaßen (quasi) ihn mehr

als uns selber.“

3

Da dies ein Predigtentwurf von Eckeharts eigener Hand ist, kann

man nicht an Textverderbnis oder Unechtheit denken. Die einfache

Auflösung liegt meines Erachtens in dem g e g e n s t ä n d l i c h e n

Sinne dieser Lehre. Meister Eckehart hält trotz der subjektiven Ein-

kleidung das Gegenständliche, Ontologische durchaus fest. Der Sinn

ist demnach:

Der Mensch überwindet das Peinigende der Sünde, das Leiden

dann, wenn er sich in den Willen Gottes einfügt: denn dann erst

1

Pf. 311, 2: Hier (in der Einigung) ist der Mensch ein wahrer Mensch und

in diesen (gleichsam vergotteten) Menschen fällt kein Leiden, so wenig Leiden

auch in göttliches Sein fallen kann.

2

B 170 ff.

3

B 172.