268
er Ilse Roloff zu ihrer Arbeit über Eckeharts Gesellschaftsphilo-
sophie
1
und stand in bester kollegialer Beziehung zu Alois Dempf,
der wegen seines Eckehart-Buches den Lehrstuhl für Philosophie-
geschichte in Bonn verloren hatte und 1937 nach Wien gekommen
war. Bei meinem Besuch zeigte er volles Verständnis für das, was
ich mit meinem Eckehart-Buch intendierte und weshalb ich dies im
Titel nicht gleich erkennen ließ: Das Studium der noch unedierten
Handschriften hatte mir zu meiner eigenen Überraschung die Frag-
würdigkeit des Inquisitionsprozesses gegen den Meister enthüllt,
und in der delikaten Situation, die sich daraus ergab, war mir eines
gewiß: mit der Niederlegung der Sperrmauer, die Eckehart seit
Jahrhunderten von den ihm wirklich Zugehörigen trennte, werde
die Berufung der Pantheisten, Autotheisten und des heraufziehenden
völkischen Mythos unmöglich werden, und die insinuierte Heraus-
gabe des Eckehart-Schrifttums werde das bestätigen. Tatsächlich kam
es so; und daß es für Spann eine tiefe Befriedigung war, braucht
kaum gesagt zu werden.
Meine Begegnung mit ihm gehört zu den Erinnerungen, die blei-
ben. Ich schied von ihm in der Hoffnung, er werde einmal ergänzen,
was ich nicht vermocht hätte. Nun liegt es vor.
Nach dem Gesagten ist die Eckehart-Beziehung im ganzen Schrift-
tum Spanns nicht zu verwundern.
Ich verdanke die folgenden Einzelangaben hierüber seinem jün-
geren Freunde, Herrn Universitätsprofessor DDr. Hans Riehl in
Graz: Schon in der ersten Veröffentlichung „Haupttheorien der
Volkswirtschaftslehre“ findet sich der Hinweis auf Meister Eckehart.
In der „Gesellschaftslehre“ stehen Ausführungen über die „grandiose
Beständigkeit der Philosophie im Grundinhalt und in den letzten
Grundbegriffen“. Wird schon hier Meister Eckehart genannt, so er-
scheint später seine Lehre von der „Abgeschiedenheit“ als sozio-
logischer Kategorie und ein eigener Abschnitt über die Gedanken
seiner Predigten. In den späteren Auflagen wurden diese Teile noch
sehr erweitert.
In dem Büchlein „Vom Wesen des Volkstums“ wird unter „An-
leitung zur Bildung“ das Studium Meister Eckeharts als unerläßlich
1
Ilse Roloff: Meister Eckehart. Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, Jena
1934 (= Die Herdflamme, Bd 20).