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S c h i l l e r schrieb am 6. Juli 1802 an Goethe:
„Ohne eine gewisse Innigkeit vermag ich nichts, und diese hält mich gewöhn-
lich bei meinem Gegenstande fester als billig ist“
1
. Diese „Innigkeit“ verleiht
aber die Eingebung. Ebenso wie sie allein Begeisterung, Ausdauer, Arbeitskraft
und Freude gibt.
Durch diese von der Eingebung geschenkten Kräfte erst erhalten
alle künstlerischen Gestalten, voran die dramatischen, Fleisch und
Blut, sind sie keine leeren Schemen, keine erklügelten Gebilde, sind
sie nicht aus kalten Schlußfolgerungen gewonnen.
Darum ist die Eingebung auch ein Lebensquell, wie gerade auch
Schiller bezeugt, dessen Bekenntnis umso wertvoller ist, als er ja
von geschwächter Gesundheit war. Zum Beispiel schreibt er am
16. Juni 1800 an Körner: „Ich befinde mich nie besser, als wenn
mein Interesse an einer Arbeit recht lebendig ist“
2
; welches „Inter-
esse“ dem Dichter zuletzt nur die Eingebung verleiht.
Dies ist auch der Schlüssel dafür, daß der Dichter auf Bestellung
oft so schwer arbeiten kann. Die Eingebung ist eine Gabe von oben
und kann schwer erzwungen werden.
G r i l l p a r z e r sagt: „Das Poetische ist das in schöner Stei-
gerung Empfundene.“ Der Auszug, die reine Wesenheit, die Stei-
gerung der Dinge ist aber nichts anderes als die Idee, der intelligible
Grund, die Ganzheit des Dinges; und eben diese wird durch Ein-
gebung erfaßt. Deutlicher noch spricht sich Grillparzer in folgendem
Gedicht aus:
Du nennst mich Dichter? Ich verdien’ es nicht,
Ein andrer sitzt, ich fühl’s, und schreibt mein Leben,
Und soll die Poesie den Namen geben,
Statt Dichter fühl’ ich höchstens mein Gedicht.
Von D ü r e r ist das Wort bekannt, der echte Maler sei inwen-
dig voller Bilder. Es sind Bilder, die durch Eingebung in der Seele
des Malers erwachen.
Aus eigenster innerer Erfahrung der Eingebung spricht auch
L e o n a r d o d a V i n c i , wenn er im Traktat von der Malerei
sagt:
1
Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, Bd 2, 4. Aufl., Stuttgart 1881,
S. 322.
2
Schillers Briefwechsel mit Körner, Teil 4, Berlin 1847, S. 172.