III.
Das Allgemeine und das Einzelne am
Schönen
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Der alte, nie zu Ende gekommene Streit, wie weit die Darstel-
lung des Einzelnen, Individuellen und Charakteristischen Sache der
Kunst sei oder wie weit das Gattungsmäßige, Allgemeine, kann erst
durch den Begriff der Eingebung grundsätzlich geschlichtet werden.
Erstwesentlich geht die Eingebung auf die Gattung, das All-
gemeine, die Ganzheit, die letzte Wurzel, die Seele eines Dinges
oder Menschen. Aber gleichwie sich die Gattung nur in Einzel-
wesen mit besonderen unwiederholbaren Eigenschaften darstellt, so
muß es auch die Eingebung tun. Sie spiegelt damit nur das Gesetz
der Wirklichkeit wider.
Ebenso steht es kategorienmäßig gesehen: Die Ganzheit an sich,
als solche hat kein Dasein; sie wird in den Gliedern geboren, stellt
sich in den Gliedern dar. Die Glieder sind aber das Ganze in jener
Vereinzelung, Besonderung, Individualisierung, in welcher es auch
allein die zur Erscheinung kommende Eingebung kennt; daher die
Kunst es darstellt.
Platonisch ausgedrückt könnte man auch sagen, die Idee arbeite
mit dem Stoffe, den sie vorfindet. Dieser Stoff ist aber immer ver-
schieden, und schon darum sind die unzähligen Eichenblätter in
einem ganzen Eichenwalde niemals völlig gleich.
Damit ist nun dasjenige Einzelne, Leibhaftige, Fleisch und Blut,
welches wir allein persönlich lieben können, der Kunst gerettet;
das Allgemeine aber als der a l l e m z u g r u n d e l i e g e n d e
K a n o n zugleich gegeben und gefestigt. Beide sind das immer und
überall Notwendige, welches im echten Schönen seinen Ausgleich
findet.
Auf solche Weise von der Eingebung aus begriffen erscheinen
das Allgemeine und das Einzelne nicht mehr als einander ausschlie-
ßende Gegensätze. Im Gegenteile, sie fordern einander. Lebendige
Eingebung ist auch nicht verlegen, sie in das richtige Maßverhältnis
zueinander zu bringen. Im allgemeinen gilt: Die eingebungsarme
Kunst neigt zu Einzelheitsmalerei, zu N a t u r a l i s m u s . Der
Naturalismus frißt sich sozusagen selbst auf, verliert sich, wird
mehr und mehr Analyse des Wirklichen im Sinne wissenschaftlicher