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94

Im allgemeinen vergleiche die sorgfältige Darstellung von Ferdinand W e i n -

h a n d 1

1

.

Daß bei so ungenügender Begründung des Gestaltbegriffes durch

den Empirismus auch die empiristische Ästhetik mit dem Gestalt-

begriffe nichts anzufangen wisse, liegt auf der Hand. E m i l

U t i t z z. B. sagt: „Die Form der Kunst, ihre Gestaltung drängt

unmittelbar auf ein Gefühlserfassen; sie ist die auf die Erweckung

eines Gefühlserlebens zielende Darstellung von Werten“

2

. Ferner:

„Und der Sinn der Gestaltung erschließt sich im Gefühlserleben“

3

.

Utitz behauptet, „die Kunst sei eine spezifische Gestaltung auf ein

bestimmtes Erleben..., derart, daß der Sinn jener Gestaltung in

diesem Erleben sich erschließt“

4

.

Dieses eine Beispiel kann für unzählige andere stehen! Seit Jahr-

hunderten erklären die Empiristen in solchen Dingen eine Vokabel

aus der anderen. Fünfzig Jahre vor Utitz glaubte W i l h e l m

W u n d t Neues zu sagen, wenn er die „Wahrnehmungsgefühle“

in „intensive“ und „extensive“ unterschied, welch letztere aus der

„räumlichen und zeitlichen Ordnung der Elemente entspringen“

5

.

Und diese „extensiven Gefühle“ sollen wieder in „Formgefühle“

und „rhythmische Gefühle“ zerfallen

6

; und dergleichen mehr.

Was aber die Form, an die sich Gefühle solcher Art — die selbst

wieder „eine Reaktion der Apperzeption auf einen mannigfalti-

gen ... Inhalt“ sein sollen — heften, selber ist, darnach auch nur zu

fragen, kommt den Empiristen gar nicht in den Sinn. Alles knüpft

sich lediglich an bestimmte „räumliche und zeitliche Verhältnisse“

— die Armut wird aus der pauverté erklärt.

II.

Das Geheimnis der Gestalt

A. Der B e g r i f f d e r G e s t a l t

Die lehrgeschichtliche Betrachtung stürzt uns nun völlig ins Dun-

kel, da in ihr einerseits, so bei Platon und Hegel, Gehalt und Gestalt

1

Ferdinand Weinhandl: Die Gestaltanalyse, Erfurt 1927, S. 25 ff. und öfter.

2

Emil Utitz: Ästhetik und Philosophie der Kunst, Berlin 1925 ff. S. 650 (in:

Dessoirs Lehrbuch, a. a. O.).

3

Emil Utitz: Ästhetik und Philosophie der Kunst, . . . , S. 687.

4

Emil Utitz: Ästhetik und Philosophie der Kunst, . . . , S. 695.

5

Wilhelm Wundt: Grundriß der Psychologie, 5. Aufl., Leipzig 1902, S. 196.

6

Wilhelm Wundt: Grundriß der Psychologie, 5. Aufl., Leipzig 1902, S. 198.