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nicht erklären, der nicht selbst g e s t a l t e t , nicht selbst erlebt,

was Gestalten sei. Ihm ist auch mit der Umschreibung, es sei Ver-

mittlung, Offenbarung des Eingebungsgehaltes, nicht gedient.

Wie nun diese V e r m i t t l u n g erfolgt, soll uns im folgenden

eingehend beschäftigen. Zur klareren Übersicht weisen wir aber auf

die oben angedeuteten Bestandteile dieser Vermittlung noch ein-

zeln hin:

1.

Das Erste ist die g e i s t i g e G e s t a l t ; von ihr leiten sich

die anderen erst ab. Zum Beispiel ist die Gestalt Siegfrieds geistig

bestimmt, und davon leitet sich erst sein wesensgemäßes leibliches

Aussehen ab. Als mehrfach abgeleitet ergäbe sich dann erst die

„leere“, zum Inhalte verhältnismäßig gleichgültige Gestalt (z. B.

eines Kruges).

2.

Es ist klar, daß die geistige Gestalt zuletzt nur dadurch möglich

ist, daß auch sie bereits auf die W e l t d e r M i t t e l hingeord-

net ist.

Denn das ist für die Erkenntnis des Wesens der Gestalt die ent-

scheidende Erwägung: Die Eingebung ist in sich selbst stumm und

verschlossen. Sie muß sich erst durch etwas, was ihr als Mittel dient,

aufschließen, ausdrücken — vermitteln. Außer anderem, in sich

selbst schon gestaltetem Geistigen (z. B. die Gestalt Hagens, an dem

sich die Gestalt Siegfrieds abhebt, vermittelt) sind es bestimmte

n a t u r h a f t e M i t t e l , welche das Geistige offenbaren, näm-

lich: Zeit, Raum und die damit schon gegebenen Sinnesbeschaffen-

heiten, vor allem Farbe und Ton (worüber später mehr).

Wie immer wir es betrachten mögen, stets zeigt sich als das We-

sentliche der Gestalt die Aufgabe, den in sich selbst noch verschlos-

senen Eingebungsgehalt zum Zwecke der Erschließung zu vermit-

teln. In dieser Vermittlung des Eingebungs- oder Erlebnisgehaltes

durch ein anderes (schon gestaltetes, schon vermitteltes) Geistiges

oder durch ein Naturhaftes, Äußeres und sonst in nichts liegt das

Wesen der Gestalt! Wir können auch sagen, dieses Andere oder

Vermittelnde müsse den Eingebungsgehalt in s i c h a u f n e h -

m e n . Wie das geschehe, wird die ausführliche Zergliederung der

hiermit zusammenhängenden Tatbestände zu zeigen haben.

Ehe wir weitergehen und das Gesagte an Beispielen erläutern, liegt uns daran,

das U r s p r ü n g l i c h e , U n a b g e l e i t e t e der geistigen Erfahrung von

„Gestaltung“, anders gesagt des inneren Erlebens von „Gestalt“ nochmals darzu-

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