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denden Kunst der Eingebungsgrundlage, von welcher die gestaltende

Arbeit auszugehen hat.

Z u s a t z ü b e r d a s E i g e n l e b e n o d e r d i e s e l b s t ä n d i g e E n t -

f a l t u n g d e r G e s t a l t e n

Sowohl in der Poetik wie noch mehr in der Musik und den bildenden Künsten

wird eine Entfaltung und Vermannigfaltung der Gestalten oder Formen, deren

sich die einzelnen Künste bedienen, im Laufe der Zeit festgestellt.

Wie ist nun diese verhältnismäßige Selbständigkeit der Gestaltungen damit zu

erklären, daß Gestalt dem Ausdrucke, der Darstellung, Vermittlung und Offen-

barung der Eingebung dienen soll?

Das erste, was hier zu bedenken ist, ist die verhältnismäßige S e l b s t ä n d i g -

k e i t des Mediums, welches den Eingebungsgehalt in sich aufnimmt und dadurch

vermittelt. Der äußeren Möglichkeit nach gesehen, gibt es viele Zeitmaße, nicht

nur Jamben, Trochäen, Hexameter, ebenso in der Musik noch viele andere Inter-

valle, Einklänge und Mißklänge als die bis Mozart und Beethoven gebräuchlichen;

und so auch in der Malerei noch viele andere Liniamente und Farbenverbindungen

als die in der Renaissance üblichen; desgleichen in der Bildnerei, Baukunst usw.

Es ist nur natürlich, daß man von den jederzeit schlummernd bereitliegenden

Möglichkeiten auch innerhalb einer bestimmten Kunst- und Geistesrichtung einer

bestimmten Zeit immer wieder Gebrauch macht und den gestaltlichen Reichtum

einer Kunst vermehrt.

Das Entscheidende, was uns die Geschichte lehrt, ist aber: U m w ä l z e n d e

g e s t a l t l i c h e N e u e r u n g e n s i n d s t e t s m i t U m w ä l z u n g e n

i n d e n g e i s t i g e n G r u n d l a g e n d e r K u n s t v e r b u n d e n .

Es würde hier viel zu weit führen, die gesamte Geschichte der Dichtung, Musik

und bildenden Kunst daraufhin zu überblicken. Das ist umso weniger nötig, als

ja gerade das letzte Zeitalter, etwa seit dem Auftreten des „Jungen Deutsch-

land“ und am allerdeutlichsten die jüngste Gegenwart, derartige Umwälzungen

besonders auffallend erkennen läßt.

Seit dem Jungen Deutschland haben wir eine zum A-Metaphysischen stre-

bende, später immer ausgesprochener ametaphysisch werdende geistige Grundlage

aller Künste, die sich z. B. in der Musik im Atonalismus ein neues Gestalten-

system schuf und in der Malerei zu Richtungen wie dem Kubismus führte. Den

neuen geistigen Grundlagen entsprechen also auch neue Gestalten! Und ferner: Da

die geistigen Grundlagen uneinheitlich, ja verworren, sogar krankhaft und außer-

dem zur nackten Wirklichkeit hinstrebend sind, sind a u c h d i e G e s t a l t e n

u n e i n h e i t l i c h , v e r w o r r e n u n d k r a n k h a f t .

Ein übergroßer Reichtum von Gestaltungsmitteln zeugt stets von geschwächten

und in Verwirrung geratenen, wenn nicht geradezu krankhaften geistigen Grund-

lagen der Künste.

Hiermit ist unsere Erklärung der G e s t a l t a l s d a s d i e E i n g e -

b u n g s i n h a l t e V e r m i t t e l n d e u n d O f f e n b a r e n d e , welches dem

Vorrange der Eingebung gehorcht, von einer neuen Seite her gerechtfertigt. Darum

ist echte Gestalt in Sprache, Ton, Farbe und Umriß nur dort, wo man etwas

Lebendiges, Wahres dahinter spürt - die Eingebung! Darum auch an der Gestalt

die Richtigkeit der Worte in Goethes Tasso sich erprobt:

Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende,

Was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt.