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fälligsten tritt sie hervor in der Tonkunst und Dichtkunst als

Z e i t m a ß oder R h y t h m u s im weiteren Sinne.

Wie nötig es ist, daß überall dort, wo ein Fortschreitungsgang

der Gestaltung stattfindet, dieser eine bestimmte Zeitgestalt oder

zeitliche Gliederung erhalte, zeigt sich einmal rein dem Sinne der

Sache nach, welcher z. B. die zeitliche Gliederung des Dramas oder

der Symphonie in Aufzüge und Sätze oder andere Zeitabschnitte

verlangt; es zeigt sich aber auch, wenn man sich klar macht, wie

unerträglich

Eintönigkeit,

Unabgeteiltheit,

Ununterbrochenheit

eines Zeitverlaufes überall sind! Die unabgeteilte, ungegliederte Zeit

ist gegen alle Natur in Geist, Leben und Stoff.

Auf geistigem Gebiete ist die einfachste Gliederung der Zeit

zunächst nichts als Abwechslung von Sammlung und Zerstreuung,

gleichsam als geistiges Aus- und Einatmen. Daher muß das Kunst-

werk stets eine gewisse Verdichtung und Verdünnung, Fülle und

Leere abwechseln lassen. In der Dichtung sehen wir das elementar

in den S i l b e n m a ß e n , welche in den Hebungen mehr Kraft

und Dichte, in den Senkungen mehr das Gewaltlose und Verdünnte

an sich haben; obgleich sich die Sache nicht so einfach abstempeln

läßt, zumal die Senkungen je nach der Verbindung, in welcher sie

auftreten, auch als Anlauf, also als Beginn zu neuer Kraftanstren-

gung erscheinen können.

Außer den Silbenmaßen haben wir in der Dichtung die zeitliche

Gliederung in: Versmaße, Gesänge, Strophen, Aufzüge und Auf-

tritte; in der Tonkunst die Gliederung in große Sätze (der Sym-

phonien, Sonaten, Suiten usw.) und deren Unterteilungen bis her-

unter zum Takte vor uns.

Zum Teil dienen diese Gliederungen allerdings wieder der Siche-

rung einer gewissen Gleichförmigkeit! Das kann man am besten

am Hexameter sehen, welcher die verschiedensten geistigen Gehalte

des Epos in ein und dasselbe Vers- und Silbenmaß bannt! Jeder län-

ger dauernde Rhythmus hat überall — auch in der Musik — zu-

gleich die Aufgabe, eine verhältnismäßig gleichförmige Gestaltung

des Zeitverlaufes und Fortschreitungsganges zu sichern (was sich

besonders deutlich an der Fugierung zeigt). Das ist aber in Wahrheit

kein Widerspruch zu unserer Feststellung, daß Dichte und Dünne,

Sammlung und (verhältnismäßige) Zerstreuung den Grundzug aller

Zeitgliederung bilden. Denn innerhalb jener gleichförmigen Zeit-