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Grundlage der Zeitgestalt. Das ergab sich bereits in mehreren
Zusammenhängen. Das Umgekehrte zu behaupten wäre widersin-
nig. Die richtige Einsicht in diesen Zusammenhang ist aber für die
Auffassung und Beurteilung, namentlich des Schönen in der Ton-
kunst, wo das Zeitmaß von größter Bedeutung ist, wichtig.
Da die Zeit durch die Uhr gemessen wird, kommt mit dem Zeitmaß (Rhyth-
mus) etwas Z a h l e n m ä ß i g e s in die Kunst, was besonders in der „Mathe-
matik der Musik“ (die aber außerdem die Schwingungszahlen der Tonhöhen zur
Grundlage hat) hervortritt.
In der Poetik bildete sich ein eigener Zweig für die Zeitgestalt der Dichtung
heraus, die M e t r i k samt der Vers- und Strophenlehre. Zwar wird sie richtiger-
weise zugleich mit dem sinnlichen Bestandteile, nämlich dem Ton im Reime, ver-
bunden, vornehmlich aber gilt sie der Zeitgestalt.
Das entschiedenste Zeugnis für die grundlegende Bedeutung des
Rhythmus in der Dichtung finden wir bei S c h i l l e r , welcher an
Goethe, als er am „Wallenstein“ arbeitete, schrieb:
„Ich habe noch nie so augenscheinlich mich überzeugt als bei meinem jetzigen
Geschäft, wie genau in der Poesie Stoff und Form, selbst äußere, Zusammenhän-
gen. Seitdem ich meine prosaische Sprache in eine poetisch-rhythmische ver-
wandle, befinde ich mich unter einer ganz anderen Gerichtsbarkeit als vorher;
selbst viele Motive, die in der prosaischen Sprache recht gut am Platze zu sein
schienen, kann ich jetzt nicht mehr brauchen; sie waren bloß gut für den
gewöhnlichen Hausverstand, dessen Organ die Prosa zu sein scheint; aber der
Vers fordert schlechterdings Beziehungen auf die Einbildungskraft, und so mußte
ich auch in mehreren meiner Motive poetischer werden... Der Rhythmus leistet
bei einer dramatischen Produktion noch dieses Große und Bedeutende, daß er,
indem er alle Charaktere und Situationen nach einem Gesetz behandelt und sie,
trotz ihres Unterschiedes in einer Form ausführt, er dadurch den Dichter und
seinen Leser nötigt, von allem noch so charakteristisch Verschiedenen etwas All-
gemeines, rein Menschliches zu verlangen.“
Allbekannte, aber immer lehrreiche Kennzeichnungen der dichte-
rischen Zeitgestalten als Silbenmaß, Vers und Strophe finden sich in
den „Xenien“ Goethes und Schillers, welche zeigen, wie fein die
Empfindung des echten Dichters für die Zeitgestalten ist, und welch
großen Wert daher der Dichter auf ihre richtige Behandlung zu
legen hat:
Der epische Hexameter
Schwindelnd trägt er dich fort auf rastlos strömenden Wogen,
Hinter dir siehst du, du siehst vor dir nur Himmel und Meer.
Distichon
Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule,
Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.