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einen Felsenberg in gleicher Weise als Darstellung, Verräumlichung

eines Seelischen auffassen würde wie die Menschen (von Pflanzen

und Tieren in ihrer Mittelstellung sehen wir hier ab). Aus diesem

Grunde kann man, nebenbei gesagt, auf der Grundlage der Kristalle

auch nicht, wie versucht wurde und wird, einen B a u s t i l , also

einen Kristallstil, bilden.

Jeder Wanderer im Gebirge und jeder Seefahrer weiß aber, daß

die Naturgestalten dennoch nicht ohne innere Entsprechung zum

menschlichen Geiste sein können; und Eichendorffs Naturpoesie

ebenso wie die romantische Landschaftsmalerei — um nur diese zu

nennen — beweisen das sogar.

Der Grund dafür ist in unserer „Naturphilosophie“

1

auf gedeckt:

Es sind vorräumliche, überräumliche Wesenheiten, welche sich ver-

räumlichen, Wesenheiten einer intelligiblen Welt. Allerdings, der

Geist denkt, er kann sich nicht verräumlichen; jene intelligiblen

Wesenheiten aber verräumlichen sich, sind also nicht des Denkens

fähig, sind nicht selbst Geist. Jedoch, ohne jeden Geistbezug kön-

nen die sich verräumlichenden Wesenheiten nicht sein. Das beweist

erstens der Umstand, daß der Geist sich hienieden mit ihnen ver-

bindet; zweitens, daß die Natur auf ihn den tiefsten, allseitigen

und innerlichen Eindruck macht. So sehr sich der Geist über die

Natur zu erheben vermag — schon indem das Denken, wie immer

betont, eine „Vergegenständlichung“ ist, also darin besteht, daß

sich der Geist über den Gegenstand stellt —, so ist er andererseits

doch überall von der Seele der Natur durchdrungen.

Hierin liegen also die Grundlagen dafür, daß s i c h i n d e r

K u n s t d i e R a u m g e s t a l t e n d e r N a t u r a l s n ä -

h e r e u n d f e r n e r e E n t s p r e c h u n g e n d e r g e i s t i -

g e n G e s t a l t e n e r w e i s e n .

D.

D i e R a u m g e s t a l t i n i h r e r s i n n l i c h - s t o f f -

l i c h e n B e s c h a f f e n h e i t

Die Übertragung der geistigen, zeitlichen und räumlichen Gestalt

in die stoffliche Seinsebene ist zugleich die Bildung von Eigen-

* 9

1

Naturphilosophie, 2. Aufl., Graz 1963 [= Othmar Spann Gesamtausgabe,

Bd 15].

9 Spann, 19