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„Nun“, sagte ich, „wenn ich ein Taugenichts bin, so ist’s gut, so will ich in die

Welt gehen und mein Glück machen. Und eigentlich war mir das recht lieb, denn

es war mir kurz vorher selber eingefallen, auf Reisen zu gehen, da ich die Gold-

ammer, welche im Herbst und Winter immer betrübt an unserm Fenster sang:

„ B a u e r , m i e t ’ m i c h , B a u e r , m i e t ’ m i c h ! “ nun in der schönen Früh-

lingszeit wieder ganz stolz und lustig vom Baume rufen hörte: „ B a u e r , b e -

h a l t d e i n e n D i e n s t ! “

Das Gezwitscher der Goldammer hat hier ihre rechte Tongestalt erhalten!

Andere romantische Beispiele ließen sich namentlich von Theodor Amadeus

Hoffmann, der zugleich ein großer Musiker war, anführen.

Die praktische Einheit der Tongestalt in der Dichtung - des Reimes - mit der

Zeitgestalt deuteten wir oben bei Erwähnung des Sonettes, der Stanze und Ter-

zine an.

Auch die physikalischen Grundlagen der Töne unserer Sprache sind wissens-

wert.

„Helmholtz, der die Schwingungszahlen der Vokale gemessen hat, weist nach,

daß ein scharfes a, ä, e und i in dieser Reihenfolge Töne ergeben, die einen auf-

steigenden Quartsextakkord bilden: diese Vokalfolge ist harmonikal. In einem

ähnlichen harmonikalen Verhältnis stehen aber alle reinen Vokale. Daraus ergibt

sich die wunderbare Erscheinung, ... daß jedes klangvolle Gedicht halb ein Lied

ist“

1

.

IV. Über Einklang und Ebenmaß im besonderen

In allen Lehrbegriffen der Schönheit wird von Einklang oder

Harmonie und Ebenmaß oder Symmetrie gesprochen. Was aber ist

Einklang, was Ebenmaß?

Von der rein sinnlichen Ebene, vor allem von räumlichen Abmes-

sungen aus, lassen sich diese Begriffe nicht erklären, da sie ja zuletzt

geistiger Natur sind und für die geistigen Gestalten erst wesentlich

gelten müssen.

Von der ganzheitlichen Kategorienlehre her ergibt sich eine ein-

fache Lösung.

E i n k l a n g o d e r H a r m o n i e ist nichts anderes als Voll-

kommenheit der E n t s p r e c h u n g ; Mißklang oder Dishar-

monie Unvollkommenheit der Entsprechung, Mißentsprechung.

Hierbei ist aber wohl zu unterscheiden zwischen geistiger und

zeiträumlich-sinnlicher Entsprechung. In den Taten des klugen Hel-

1

Karl Scheffler: Form als Schicksal, Erlenbach-Zürich 1939, S. 80 f.