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im Sinne der Verhältnisse von Farben in Entsprechung (Komple-

mentarität) und Mißentsprechung.

Das Wesentliche ist aber auch hier die geistige Grundlage des

Kunstwerkes, das durch jeweilige Symmetrien in Worten, Tönen,

Farben, Raumgebilden, Massenverhältnissen (z. B. in der Baukunst)

dargestellt werden soll.

Zwischen den geistigen Gestalten selbst, wie sie am ausgeprägte-

sten im Schauspiele hervortreten, muß Ebenmaß oder Symmetrie in

der Verteilung der „Rollen“ herrschen, indem Haupt- und Neben-

spieler in dem sinnvoll geforderten Verhältnisse zueinander stehen.

Das ist allerdings keine durch Abmessungen, durch Zahlen darstell-

bare, sondern nur eine einsichtig zu begreifende Symmetrie, ein nur

sinnvoll erfaßbares Ebenmaß.

Daraus verstehen wir, daß und wieso diese Begriffe des Einklan-

ges, Ebenmaßes, der heiligen Maße, der Wohlordnung und reinen

Verhältnisse (Proportionen) ihre handgreifliche Geltung so recht

eigentlich erst in den bildenden Künsten haben, wo bestimmte

A b m e s s u n g e n herrschen; während das Verhältnis vom Ham-

let und Geist des Vaters, von Faust und Mephisto nicht äußerlichen

Abmessungen z. B. in der Wortzahl, unterliegt, daher das Ebenmaß,

der Einklang hier nur dem S i n n g e h a l t e nach herrscht. Der

Dichter könnte z. B. den Gegenspieler zu breit ausführen; dann

wäre aber diese „Breite“ nur dadurch zu kennzeichnen, daß sie von

einem gewissen Punkte an zur Entfaltung der Hauptgestalt wie des

Gesamtganzen nichts mehr beiträgt.

Aus dieser Erwägung ergibt sich, daß die geistigen Gestalten wohl

Gliederungen, Teilfügungen, Teilgestalten enthalten, welche der

Forderung der Verhältnismäßigkeit, Proportionalität, Ebenmäßig-

keit, Harmonie unterliegen; jedoch nur in solcher Weise, wie das

aus dem S i n n g e h a l t e des Ganzen folgt; daß dagegen das

M e n s c h e n h a f t e derselben Begriffe auf dem Gebiete der

sinnlichen und zeiträumlichen Gestalten sich zuletzt aus dem Sinn-

vollen der geistigen Grundlagen ableitet, soweit nicht das Zeit-

räumlich-Sinnliche in seiner Eigengesetzlichkeit selbst innere Ent-

sprechungen aufweist.