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Diese Sinnbildlichkeit und Entsprechung von Natur und Seele

erweist sich namentlich in der Malerei als eine innere Notwendig-

keit. Wird die Kreuzigung Christi dargestellt, so trauert die Land-

schaft, soweit sie irgend mit hereingezogen wird, mit, alles in der

Natur bäumt sich auf gegen ein solches Geschehen.

Die Natur erhält hier deutlich vom Geiste ihren Stempel.

Andererseits könnte man auch hier versucht sein, zu sagen: Ließe

man das geistige Geschehen (in diesem Beispiele) weg, so träte die

Natur in ihrer Eigenheit, und zwar als schön, hervor; etwa nach der

Art A d a l b e r t S t i f t e r s , in dessen wunderbaren Gemälden

der Fels, das Wasser gleichsam aus sich selbst spricht. Aber was

spricht daraus? — nichts anderes als irgendein rätselhaftes Etwas,

das man die Seele des Steines, die Magie des Wassers — wie sie auch

in Goethes „Fischer“, in Schuberts Forellenmelodie und anderen

seiner Wassermelodien zum Ausdruck kommt — oder ähnlich nen-

nen kann; kurz, es spricht auch in solchen äußersten Fällen nicht das

Stoffliche an sich zu uns, sondern sozusagen die „Seele der Natur“,

welche eben als Seelenartiges unserer eigenen, des Denkens fähigen

Seele (dessen die Naturseele nicht fähig ist) von ferne v e r w a n d t

ist, daher in Sinnbildern und Entsprechungen ihr zur Seite zu stehen

vermag.

Stein, Wasser, Licht und Farbe sowie Raumgestaltung treten des-

wegen nicht absolut fremd, unsinnbildlich auf; so daß sie zwar nicht

geradewegs Menschliches gestalten können; sie drücken dafür etwas

von der Erd- und Weltseele selbst aus. Und es macht auf uns gewal-

tigen Eindruck, weil wir uns wie auf unendlichen Umwegen im

Spiegel der Welt wieder selbst erblicken! Im Blau unseren inneren

Himmel, unsere Rückverbundenheit in Gott, im Rot unser inneres

Leben, das von der Seele ausgeht, aber in der Natur auch eine

Stätte hat!

Ein anderes Beispiel hiefür: Goethes „In tausend Formen magst

du dich verstecken . . . “

Wie man dies auch wende und betrachte, das Ergebnis wird

immer sein: Die geistigen Gestalten drücken sich nicht nur an Ent-

sprechungsgestalten der eigenen, geistigen Ebene aus, sondern

zuletzt auch an Naturgestalten, welche sie aber nur versinnbild-

lichen, nicht jedoch geradewegs aussprechen können, da die sinnliche

Natur ein Sein auf anderer Ebene ist.