157
Teilgegenstände, das heißt in T e i l b e g r i f f e , gegliedert, ver-
arbeitet werden.
Das ergibt z w e i e r l e i D e n k e n : das eingebungsvolle
oder intuitive Denken, welches die Eingebung selbst erfaßt, ver-
gegenständlicht, also im Urbegriffe vorlegt; und dasjenige Denken,
welches recht eigentlich erst die Wissenschaft der Logik beschäftigt,
das zerlegende, gliedernde, verarbeitende oder schlußfolgernde Den-
ken, die Reflexion. Eingebungsvolles und reflektierendes oder ratio-
nales Denken stehen daher einander wie Urbegriff und Teilbegriff,
Ganzes und Zergliederung gegenüber.
Nun ist entscheidend, daß diesem zweierlei Denken auch z w e i -
e r l e i G e s t a l t u n g , zweierlei inneres Handeln des kunstschaf-
fenden Geistes entspricht: Wird das in der Eingebung Empfangene
nicht vergegenständlicht, sondern g e s t a l t e t , dann entsteht die
geistige U r g e s t a l t oder Grundgestalt; und diese ist in ihre
T e i l g e s t a l t e n zu zergliedern, zu zerlegen, gleichsam aufzu-
spalten und zu verarbeiten.
Im D e n k e n herrscht die Wahrheit, im Gestalten die Schön-
heit.
Vollkommene Vergegenständlichung und Festhalten derselben im
Urbegriffe und den Teil- oder Folgebegriffen ergibt richtiges Den-
ken oder Wahrheit; vollkommenes Gestalten der Eingebung und
Festhalten derselben in der Urgestalt und den Entsprechungs- oder
Folgegestalten ergibt reines Gestalten oder Schönheit.
Demnach
gilt:
Was
das
B e g r i f f s g e b ä u d e
o d e r
S y s t e m i n d e r L o g i k , i s t d a s G e s t a l t e n g e b ä u d e
o d e r K u n s t g e f ü g e i n d e r Ä s t h e t i k . Hierbei ist
immer vom Geistigen die Rede, die Gestalten naturhafter Ebene
treten noch ergänzend und abgeleiteterweise hinzu.
Wie der logische Denker aus einem Grundbegriffe die darin ent-
haltenen Teilbegriffe (und von ihm geforderten Ergänzungsbegriffe)
herausholt, und wie er die Verbindung mit anderen Begriffen glie-
derbaulich herstellt; so löst auch der Künstler aus seiner geistigen
Grundgestalt die in ihr schlummernden Teilgestalten (und von ihr
geforderten Ergänzungen oder Entsprechungen) heraus und stellt
die Verbindung mit anderen Gestalten gliederbaulich her.
Beim Denker heißt diese Arbeit: r e f l e k t i e r e n d , a n a -
l y t i s c h , s y l l o g i s t i s c h (letzteres, sofern die Teilbegriffe