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gültige Gesetze sind. In den Reden des Demosthenes z. B. wird man
oft andere Gestaltungen finden als die obigen. Und Mozarts groß-
artige Opernschlüsse, welche aus einem Gebete und einem darauf
folgenden Freudenrausch bestehen („Figaro“, „Zauberflöte“), ent-
sprechen jenen rhetorischen und dramatischen Regeln auch nicht.
Es ist ja auch bekannt, daß die captatio benevolentiae mit der
Sachbehandlung durchaus zusammenfallen kann. Es kann sogar ein
ganz vorgeschrittenes Stadium durchaus am Anfange stehen, wel-
ches erst später durch einen Rückblick erklärt wird. Wurde doch
schon im Altertume mit Recht von Homer gerühmt, daß er nicht
„mit dem Ei der Leda“ begonnen habe; das heißt, man kann und
soll womöglich auch mitten in der spannendsten Handlung begin-
nen, und vieles andere mehr.
Unseres Ermessens gilt vom Fortgange der Entfaltung in der Zeit
vor allem und grundlegend: Es ist keine „Entwicklung“ im darwini-
stischen Sinne eines Ganges nach aufwärts, um die es sich in Rede,
Drama, Symphonie handelt; vielmehr ist es eine Grundlegung,
noch genauer gesagt eine G r ü n d u n g , auf welche eine E n t -
f a l t u n g des Gegründeten folgt. Der Keim, das Wesen, welches
alles in sich trägt, muß da sein, dann muß die Auseinanderlegung,
Entfaltung folgen. Der A n f a n g kann daher beim ersten Ur-
sprunge, beim „Ei der Leda“ gemacht werden; ebensogut aber
auch in einem wichtigen Stadium der schon erfolgten Entfaltung
und Ausbildung des Gegründeten. Dramatisch genommen, wird die
Lebendigkeit und Spannung oft gefördert werden, wenn der Beginn
i n m i t t e n der Sache, inmitten des Fortschreitungsganges der
Entfaltung gemacht wird. — Der S c h l u ß aber muß das eine
Erfordernis erfüllen, einen Zustand, eine Stufe darzustellen, an wel-
cher ein E i n s c h n i t t in die bisherige Entfaltung erfolgt, ein
bestimmter Abschnitt derselben beendet wird. Darum kann der
Schluß wohl zu einem Rückblicke auf das Bisherige gestaltet wer-
den; meist aber wird er bedeutender sein, wenn er als Ausblick in
das Kommende sich darstellt. Eben das ist es, was in hohem Stile
die Opernschlüsse Mozarts enthalten. Auch Beethoven endet im
„Fidelio“ mit Gebet und Freude. „Heil sei dem Tag, Heil sei der
Stunde!“ Und im Faust sehen wir ein Ende, das in großartiger
Weise eine neue Entfaltung andeutet, ebenso in Dantes „Göttlicher
Komödie“.