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Wenn Homer die Menschen den Blättern des Waldes in ihrer

Vergänglichkeit vergleicht, steht ebenfalls das Bangen um den Sinn

des Lebens, um die bergende Rückverbundenheit im Hintergrunde.

Anders, wenn Odysseus nach langen Irrfahrten endlich schlafend

seine Heimat findet. Hier tritt die Geborgenheit des Menschen in

göttlicher Befaßtheit durch ein erhabenes Sinnbild hervor; und es

beruhigt alles, „was im Labyrinth der Brust — wandelt in der

Nacht“. — Auch in G o e t h e s Worten

Das Lebendige will ich preisen,

Das nach Flammentod sich sehnet.

liegt ein Geborgenheitsbewußtsein, das in sicherer Rückverbunden-

heit jenen Tod als Erhöhung empfindet.

Von dieser Seite her betrachtet, kann man sagen, Dürers „Ritter,

Tod und Teufel“ habe die vergebliche Anfechtung des Geborgen-

heits- und Rückverbundenheitsbewußtseins zum Gegenstande.

Von der gesamten metaphysisch-religiösen und mystischen Kunst

gilt, daß sie die Rückverbundenheit des Menschen zum Gegenstande

habe. Es möge genügen, hierfür den einzigen D s c h e l a l e d d i n

R u m i , den persischen Mystiker und Dichter (1207—1273) anzu-

führen (deutsch von Friedrich Rückert):

Unglauben ist die Nacht, die Nachtlamp’ ist der Glauben;

O laß in deiner Nacht dir nicht die Lampe rauben!

Wir hoffen auf das Licht, von dem die Lampe zeuget;

Das Licht, das sie gezeugt, will ihr den Dienst erlauben.

Doch wenn die Sonn’ erwacht, erlöschen Nacht und Lampe,

Und auf in einem Schau’n geht Glauben und Unglauben.

Die Sonne ist nach mystischer Sinnbildlichkeit Gott.

B. B e k e n n t n i s s e v o n K ü n s t l e r n

Fassen wir nach diesen kurzen Hinweisen noch Äußerungen ins

Auge, die wir als Bekenntnisse der Künstler auffassen dürfen, so

stoßen wir zuerst auf eine Äußerung von P h i l i p p O t t o

R u n g e , des romantischen Malers, die wir nicht klarer wünschen

können: