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zufiel, sondern gewisse Entsagungen, wie Tiecks Entwicklung be-
weist, zurückblieben.
Von T h e o d o r A m a d e u s H o f f m a n n und dem am
äußersten linken Flügel stehenden N i k o l a u s L e n a u (der
durch B a a d e r und den dänischen Mystiker H a n s L a s s e n
M a r t e n s e n seiner Skepsis entrissen wurde — allerdings nicht
seiner krankhaften Schwermut!) leuchtet das Gesagte von selbst ein.
Das Ringen um die Gewißheit des Transzendenten, um den Sinn des
Lebens und auch mit dem Dämonischen beherrscht hier die Kunst.
— Nach Lenau könnte man noch G e o r g e G o r d o n N o e l ,
L o r d B y r o n , den Skeptiker, als den äußersten Flügel der
Romantik (in Wahrheit aber ihn schon überschreitend) bezeichnen.
Das Fragen, Ringen und Schwanken, das wir so sehr als Merk-
zeichen des Romantischen im Vergleiche zum Klassischen hervor-
heben mußten, ist auch für Novalis bezeichnend, dessen innere
mystische Erfahrungen ihn noch am meisten über andere Roman-
tiker hinaushoben. Dafür folgendes Beispiel:
Es kann kein Rausch sein
Es kann kein Rausch sein - oder ich wäre nicht
Für diesen Stern geboren - nur so von ohngefähr
In dieser tollen Welt zu nah an
Meinen magnetischen Kreis gekommen.
Ein Rausch wär’ wirklich s i t t l i c h e r G r a z i e
Vollendetes Bewußtsein? - Glauben an Menschheit wär’
Nur Spielwerk einer frohen Stunde -?
Wäre dies Rausch, was ist dann das Leben?
Soll ich getrennt sein ewig von der Überwelt? - ist Vorgefühl
Der künftigen Vereinigung, dessen, was
Wir hier für unser schon erkannten,
Aber nicht ganz noch besitzen konnten -
Ist dies auch Rausch?...
Womit wird dann belohnt für die Anstrengung
Zu leben Widerwillen, feind von sich selbst zu sein
Und tief sich in den Staub getreten
Lächelnd zu sehen - und Bestimmung meinen?
Was führt den Weisen denn durch des Lebens Tal
Als Fackel zu dem höheren Sein hinauf -
Soll er nur geduldig bauen,
Nieder sich legen und ewig tot sein?