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Empfindung“ oder, wie wir es tun, Rückverbundenheitsbewußt-

sein, es ist unentbehrlich für das Schöne (wie auch für das Wahre

und Gute).

Die Rückverbundenheit kann der durch die Gestalt dargestellten

Eingebung sachlich nichts hinzufügen, aber durch die verschiedenen

Grade der Weihe, die sie dem Schönen verleiht, begründet sie ver-

schiedene Arten des Schönen. Der höchste Grad dieser Weihe ist das

Mystisch-Schöne. Darauf folgt ein Schönes, welches durch Kämpfe

hindurchging, zuletzt jedoch kraft seiner höheren Rückverbunden-

heit frohlockt, erlöst wird. Wir nennen es das Frohlockend-Schöne.

Diesem reiht sich das im Untergange des Helden seine Erlösung

findende Tragische, endlich das Unholdisch-Schöne an.

1. Das Mystisch-Schöne

a. Der B e g r i f f

Würde der Einwand erhoben, es gebe das Mystisch-Schöne gar

nicht als eigene Art oder Kategorie des Schönen, vielmehr handle

es sich da nur um einen bestimmten Gegenstand der Kunst, wie man

z. B. das Kriegerische oder Vaterländische als eigenen Gegenstand

unterscheiden könne; dann müßten wir erwidern, daß die Rück-

verbundenheit ja notwendig zu allem Schönen gehöre, dagegen

nicht das Kriegerische und dergleichen. Jenes Schöne, in welchem die

Rückverbundenheit gesteigert und als solche hervortritt, ist das

Mystisch-Schöne — wobei es gleichgültig ist, ob es an einem krie-

gerischen, vaterländischen oder anderem Stoffe erscheint.

Ernster wäre ein anderer Einwand, wonach in der Mystik alle

Gestalten erlöschen. Dann gäbe es in der Tat keine mystische Kunst.

Das widerlegt aber die Geschichte. Es gibt mystische Kunst, und das

unwiderlegliche Beispiel dafür ist, um es gleich vorwegzunehmen,

der gotische Dom!

Im Mystisch-Schönen durchdringt der Zauber der Rückverbun-

denheit alles mit seiner Weihe und seinem Geheimnis.

Mag auch das mystische Grunderlebnis selbst, die Versenkung,

nicht unvermittelt gestaltbar sein; so doch vermittelt, indem der

Künstler darauf hinführt; ferner sinnbildlich und allegorisch. So