310
Empfindung“ oder, wie wir es tun, Rückverbundenheitsbewußt-
sein, es ist unentbehrlich für das Schöne (wie auch für das Wahre
und Gute).
Die Rückverbundenheit kann der durch die Gestalt dargestellten
Eingebung sachlich nichts hinzufügen, aber durch die verschiedenen
Grade der Weihe, die sie dem Schönen verleiht, begründet sie ver-
schiedene Arten des Schönen. Der höchste Grad dieser Weihe ist das
Mystisch-Schöne. Darauf folgt ein Schönes, welches durch Kämpfe
hindurchging, zuletzt jedoch kraft seiner höheren Rückverbunden-
heit frohlockt, erlöst wird. Wir nennen es das Frohlockend-Schöne.
Diesem reiht sich das im Untergange des Helden seine Erlösung
findende Tragische, endlich das Unholdisch-Schöne an.
1. Das Mystisch-Schöne
a. Der B e g r i f f
Würde der Einwand erhoben, es gebe das Mystisch-Schöne gar
nicht als eigene Art oder Kategorie des Schönen, vielmehr handle
es sich da nur um einen bestimmten Gegenstand der Kunst, wie man
z. B. das Kriegerische oder Vaterländische als eigenen Gegenstand
unterscheiden könne; dann müßten wir erwidern, daß die Rück-
verbundenheit ja notwendig zu allem Schönen gehöre, dagegen
nicht das Kriegerische und dergleichen. Jenes Schöne, in welchem die
Rückverbundenheit gesteigert und als solche hervortritt, ist das
Mystisch-Schöne — wobei es gleichgültig ist, ob es an einem krie-
gerischen, vaterländischen oder anderem Stoffe erscheint.
Ernster wäre ein anderer Einwand, wonach in der Mystik alle
Gestalten erlöschen. Dann gäbe es in der Tat keine mystische Kunst.
Das widerlegt aber die Geschichte. Es gibt mystische Kunst, und das
unwiderlegliche Beispiel dafür ist, um es gleich vorwegzunehmen,
der gotische Dom!
Im Mystisch-Schönen durchdringt der Zauber der Rückverbun-
denheit alles mit seiner Weihe und seinem Geheimnis.
Mag auch das mystische Grunderlebnis selbst, die Versenkung,
nicht unvermittelt gestaltbar sein; so doch vermittelt, indem der
Künstler darauf hinführt; ferner sinnbildlich und allegorisch. So