Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8386 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8386 / 9133 Next Page
Page Background

326

Carl Maria von Webers „Freischütz“ finden wir das Frohlockend-

Schöne; dort erscheint zuletzt der Minister, gleichsam als Vertreter

des Schicksals, hier der Einsiedler und schlichtet alles, wodurch das

Frohlockend-Schöne auf metaphysischem Grunde hervorbricht. —

Besonders lehrreich dafür, daß und inwiefern es sich beim Froh-

lockend-Schönen um eine innere Nötigung handelt, welche in den

Grundzügen des Weltgeschehens wurzelt, scheint mir der Schluß

aller großen Symphonien der Meister unserer Musik. Bei allem, was

vor Haydn diesen entspricht, sodann bei Haydn, Mozart, Beetho-

ven, Schubert und deren Nachfolgern finden wir einen sieghaft-

erlösenden Ausgang, welcher sogar durch die düsteren Zwiespalte

und übermenschlichsten Kämpfe hindurch niemals fehlen kann (so

besonders bei Beethoven).

Im Reigen der seligen Geister von Glucks „Orpheus und Eury-

dike“ ist das selige Frohlocken ohne Kämpfe, gemäß dem Gange der

Handlung, vorweggenommen.

Die Anwendung auf die M a l e r e i ist freilich beschränkt, da

es sich bei ihr nicht eigentlich um eine Kunst handelt, welche einen

inneren Fortschreitungsgang zu schildern vermag. Daher kommt es

hier hauptsächlich auf den Gegenstand des Gemäldes an. Die heilig-

mystischen Gemälde, wie wir sie oben als Beispiele des Mystisch-

Schönen anführten, bilden auch solche des Frohlockend-Schönen;

das ja auch als eine Abart des Mystisch-Schönen im weiteren Sinne

betrachtet werden kann. Naturgemäß bleibt aber dabei vieles in

Schwebe, was die dramatische und erzählende Dichtung klären

würde. Dürers großes Werk „Ritter, Tod und Teufel“ z. B. läßt

zwar den Sieg des inneren Lebens über den Tod erkennen; wieweit

aber dabei das Heilige oder das Sittliche die siegende Kraft ist,

bleibt in Schwebe.

In den Gemälden der heiligen Geschichte großer Meister klingt

überall entweder das Frohlockend-Schöne oder das im engeren Sinne

Tragische vorherrschend an. Zum Beispiel zeigt Leonardos „Kopf

des Erlösers“ (Pinakothek Brera — Mailand) deutlich den Stil des

Frohlockend-Schönen, weil das Leiden überkleidet und überstrahlt

wird von der erlösenden und befreienden Gnade, an der, wie man

fühlt, der Erlöser die Welt teilnehmen läßt

1

. Leonardos großes

1

Vgl. die farbige Nachbildung in: Leonardo da Vinci, 3. Aufl., Berlin 1939,

S. 168.