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des Strolches doch auch ein Schimmer des Zauberhaft-Romantischen
leuchtet), der höheren Sittlichkeit zu einem eindrucksvollen Siege
verhilft, gelingt es ihm, sowohl nach der im engeren Sinne tragi-
schen wie nach der frohlockenden Seite hin eine ähnliche Sphäre
der Rückverbundenheit zu schaffen, wie sie die Früheren durch
Anknüpfen an das göttliche Walten erreichten.
Vom s p a n i s c h e n T h e a t e r , besonders von Calderon
und Lope de Vega gilt ähnliches; doch lebte dieses noch mehr als
Shakespeare in einer Luft lebendiger Frömmigkeit, so daß es in
dieser Hinsicht auch den Alten noch näher steht.
Die weit schwächere Kraft des Dramas der Aufklärungszeit, be-
sonders der französischen Klassik und sogar des lebenskräftigeren
M o 1 i è r e, erklärt sich wesentlich aus dem Mangel jener über-
weltlichen Bindungen, welche Shakespeare und auch die Spanier zum
Teil ihren Stoffen zu geben imstande waren. An die Stelle dessen
trat meistens eine blasse Humanitätslehre, welche die höchste Rück-
verbundenheit nur schwächlich zu ersetzen vermochte.
Dagegen sehen wir die spätere d e u t s c h e K l a s s i k u n d
R o m a n t i k , nämlich Goethe, Schiller, Kleist im Drama wieder
auf die überweltliche Rückverbundenheit hinsteuern, wodurch Dra-
men wie die „Iphigenie“, die „Jungfrau“, die „Braut von Messina“,
„Wallenstein“, der „Prinz von Homburg“ ihre unvergängliche Kraft
erhalten. (Sogar dichterisch durchaus schwache Stücke, wie E r n s t
R a u p a c h s „Müller und sein Kind“, verdanken dem Herein-
wirken der Uberwelt ihre Dauerwirkung!)
Den einzigen G r i l l p a r z e r ausgenommen, sank später das
deutsche Drama wieder von seiner Höhe herab, fiel in seelische Zer-
faserung, weiterhin sodann in leeren Naturalismus, bis wir in der
jüngsten Gegenwart in hausbackener, roher Gesellschaftskritik, See-
lenheilkunde und gar in krimineller Kinokunst verkamen.
Da die gegenwärtige Zeit auch den letzten Halt echter Bildung,
die metaphysische Grundlage, verlor, geht sie mehr und mehr der
sittlichen verlustig! Zuletzt langte sie, das Schlimmste von allem,
beim K r a n k h a f t e n a n !