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sogleich der Gesamtbau der Ganzheitsphilosophie, der bereits im

„ S c h ö p f u n g s g a n g d e s G e i s t e s “ so gewaltig aufgerich-

tet wurde, daß darin der Grundplan für alle Einzelgebiete mitent-

worfen ist. Den Rahmen der Kategorienlehre weit überschreitend

werden in neuschöpferischer Weise einerseits die G e i s t e s l e h r e

und als deren integrierendes Gegenstück auch schon die N a t u r -

p h i l o s o p h i e entwickelt, die durch die I d e e n - u n d G o t -

t e s l e h r e von einem ins Überirdische reichenden Kuppelbau

überwölbt sind. Diese Uberwölbung umfaßt auch die Naturphilo-

sophie, ohne daß diese der Gewölbekonstruktion eine stützende

Mauer zu sein braucht. Die Kuppel selbst wird gebildet von der

R e l i g i o n s p h i l o s o p h i e , in welcher wir zugleich die sy-

stematische Krönung der Ganzheitslehre erblicken dürfen. Die

Naturphilosophie ist mit dem Gesamtsystem zwar verbunden durch

die Lehre von der Gezweiung höherer Ordnung, die aber nicht

Gegenstand der Naturphilosophie selbst ist, weil diese die anorgani-

sche Natur zum Gegenstand hat.

Einer inneren systemhaften Verbundenheit der Naturphilosophie

mit dem Gesamtwerk aber bedarf die K u n s t p h i l o s o p h i e ,

wenn die Geisterfüllung der räumlich-stofflichen Welt durch die

Kunst erklärt werden soll!

Das Wunder der Gestalt versöhnt nach Schellings genialem Wort

Geist und Natur; die geistige G e s t a l t u n g ist nach dem „Schöp-

fungsgang des Geistes“ — nicht nur in der Kunst, sondern in allen

geistigen Schöpfungsakten — die schlechthin rückverbindende Tat

des schaffenden Geistes. Gestalt ist die geistige Brücke zur Natur,

Gestaltung die Brücke zur Übernatur. Viel mehr als in Schellings

Lehre, für welche die Natur ja depotenzierter Geist, also auch Geist

ist, erscheint eine solche Versöhnung im ganzheitlichen System

geboten, weil hier G e i s t u n d N a t u r durch eine unschließbare

K l u f t voneinander getrennt sind. Eine Ü b e r b r ü c k u n g

ist daher ein systematisches Erfordernis! Dies leistet zusammen mit

der

N a t u r p h i l o s o p h i e

d i e

P h i l o s o p h i e

d e r

K u n s t . Da sie grundsätzlich auf der Geisteslehre aufbaut, in der

Begründung der Gestalt aber auf die Naturphilosophie zurückgreift,

vollzieht die Kunstphilosophie im ganzheitlichen System das, was

der Kunst nach Schelling als Vermittlerin zwischen Geist und Natur

aufgetragen ist!