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legen, gleichsam als König und Führer. Das ist die Widerlegung
deiner Punkte...
Der Zerstreuer:
...durch Vermenschlichung, Anthropomorphismus!
Der Sammler:
Es ist kein Anthropomorphismus.
Der Zerstreuer:
Das mußt du erst beweisen.
Der Sammler:
Der Beweis liegt im Begriffe der Innerlichkeit, insbesondere des
Denkens. Das Denken ist aber ebenso eine Erfahrungstatsache wie
die Gravitation! Nehmen wir den Menschen als Vernunftwesen,
dann ist die Frage nicht mehr nach Räumen, Mengen, Größen,
kurz, nach der Naturabhängigkeit des Menschen, das bedenke,
mein Freund; sondern vielmehr nach seiner Natur Überlegenheit,
nämlich nach Erkenntnis des Gegenstandes — die Natur ist jetzt
nur Gegenstand! — und nach Wahrheit des Gedankens. Was er-
kennt, steht höher, als was erkannt wird, der Gedanke ist dem Ge-
genstande überlegen, besonders jenem, der nach toten Gesetzen
umgetrieben wird und äußerlich unbegrenzt scheint.
Daß wir denken, ist eine Tatsache, kein Anthropomorphismus.
Lehrreich ist aber auch die Annahme, die Natur sei beseelt, denn
dann handelt es sich darum, welche Rangstellung unser Geist
unter anderen geist- und seelenartig gedachten Wesen der Natur
einnähme? Nicht mehr, daß wir uns der blinden Vernichtung durch
unermeßliche äußere Naturgewalt nicht entziehen können, ist nun
entscheidend; vielmehr daß wir durch Denken der Natur sie uns
verinnerlichen, dieses Innerliche, den wahren Gedanken, das echte
Gefühl, ergreifen; und endlich ist entscheidend, was unser Leben,
unser Geist dem Gesamtleben der Natur gegenüber gelten.
Der Zerstreuer:
Wie soll „Gefühl”, „Lebensgehalt”, „Geltung” in der Natur ein
Echo finden ? — wie sollen solche Kategorien auf sie anwendbar sein ?
Ich muß dabei bleiben: Angesichts der ungeheueren Welten, die,
Milliarden von Lichtjahren entfernt, in unsere Fernrohre leuchten,
dünkt mich der Mensch wie ein Nichts; angesichts der ungeheueren
Zeiten, die wir an der Abkühlung der Sterne ermessen, kaum eine
Eintagsfliege.
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