45
Der Sammler:
Gut ! Es läßt sich dasselbe noch von einer anderen Seite her, die
dir vertrauter ist, erklären. Ich versprach früher, den Begriff der
Persönli chkei t näher zu bestimmen, nun wären wir an dem Punkte
angelangt.
Die neuere Zeit ist bemüht, überall die Persönlichkeit des Men-
schen in den Vordergrund zu stellen. Nun, gerade die Persönlichkeit
ist es, woran wir die überragende Stellung des Geistes erkennen.
Eine bloße „Resultante” der Vorstellungen ist die Persönlichkeit,
das Ich, keinesfalls, weil eine Resultante aus Vielheiten folgt, daher
in sich selbst keine wahre Einheit bilden könnte. Ebensowenig ist
das Ich ein „bundle or collection”, wie Hume will, oder eine „Ver-
bindung sukzessiver Inhalte”, wie Wilhelm Wundt Hume variierte.
Denn dann müßte auch ein Heubündel oder ein chemischer Ablauf
Ichheit, Persönlichkeit haben können.
Wodurch ist der Mensch Persönlichkeit, Ichheit? Noch nicht da-
durch, daß jeder Einzelne ein einzigartiger sei, der kein Gleiches
in der Welt findet, das heißt eine Individualität; erst dadurch entsteht
Persönlichkeit, daß der einzigartige, individuelle Mensch si ch auf
s i ch selbs t beziehen könne — und das geschieht eben, indem er
s i ch sel bs t zum Gegenstande macht. Hierbei erst erscheint das
Selbst, das Ich. Denn erst dadurch kann der Mensch „Ich” sagen,
daß er seine Regungen, seine inneren Gestaltungen, seine Handlungen
als die seinigen erfaßt. Nur dabei erfaßt, weiß, denkt er — sich
selbst.
Persönlich-
keit oder
Ichheit hat
Selbstver
-
gegenständ-
lichung zur
Grundlage
Der Zerstreuer:
Indem er also sich auf ein Ob jekt bezieht, ein Objekt, das er
selbst ist, erlangt er Selbstheit, Selbstbewußtsein.
Der Sammler:
Nicht anders.
Selbstbeziehung! Bedenke, welch ein großes Wort damit vom
Geiste ausgesprochen ist. Die freie Selbstbestimmung des Handelns
durch sinnvolles Denken beruht zwar auf dem inneren Bedeutungs-
zusammenhange, wird aber erst durch Selbstbezogenheit, Selbst-
vergegenständlichung aktuiert — durch Persönlichkeit!
Der Zerstreuer:
Die empiristische Psychologie lehrt aber, das Ich sei erst ein
Ergebnis der sinnlichen Empfindungen. Erst dann nämlich entstünde