46
Selbstbewußtsein, Ichheit, wenn die durch sinnliche Empfindungen
gesammelten Erfahrungen den Gegensatz von Leib und Außenwelt
zum Innern hergestellt hätten.
Der Sammler:
Verhängnisvolle Oberflächenwissenschaft! Dieser Beweis setzt näm-
lich fälschlich voraus, daß Empfindung zuvor, ohne Ich, vorhanden
sei. In Wahrheit aber kann sie ohne das Ich gar nicht zustande kom-
men. Reiz und Sinnesorgan sind nur der auslösende Teil, der andere
ist unsere geistige Tat. Welche? — die Selbstunterscheidung unseres
Ichs von der Empfindung! Gewußt wird die Empfindung nur,
indem ich sie als meine Empfindung erfasse. Dadurch habe aber
ich mich von ihr unterschieden, sie auf mich bezogen, sie mir ver-
gegenständlicht (freilich nicht als ausgebildete Reflexion). Bedin-
gung dafür, daß der sinnliche Prozeß zur Empfindung werde, ist
also: Unterscheidungsmacht, Selbstbewußtsein, Ichheit.
Der Zerstreuer:
Ichheit geht also der Bewußtheit der Empfindung logisch voraus!
Das leuchtet ein. Die Ichheit ist nicht die „Resultante” der sinn-
lichen Erfahrung, sondern ihre Bedingung. Ohne innere Anschauung,
ohne Selbstvergegenständlichung, Selbstunterscheidung keine be-
wußte Empfindung.
Worin liegt aber dann der Gegensatz des Geistigen zur Na tur ?
Der Sammler:
Darin, daß den Naturdingen Selbstbeziehung, Selbstvergegen-
ständlichung fehlt. Kann Eisen oder Schwefel sich selbst erfassen,
sich gleichsam selbst zum Spiegel werden, in welchem es sich er-
blickt?
Der Zerstreuer:
Du meinst, Eisen müßte sozusagen seine Eisenheit plötzlich be-
trachten, anschauen können, um dem Geiste zu gleichen ? Das klänge
dem Naturforscher allerdings phantastisch.
Der Sammler:
Dem Psychologen ist aber das Selbstbewußtsein die geläufigste
Grundtatsache.
Alle Naturdinge, so lehrt die Physik, sind einander äußerlich, sie
beziehen sich nur auf andere Dinge, die von ihnen getrennt sind.
Ein Stein lastet auf einem andern, ein chemisches Element ver-
bindet sich mit einem andern, das außer ihm ist. Alles in der Natur