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Ich las einmal ein Kinderbuch „Die verkehrte Welt”. Daran erin-

nert mich die Deutung deines Beispiels. Es hieß dort: Der Hase

erblickte den Jäger, das Gewehr legte den Hasen auf den Jäger an

und hätte ihn erschossen, wenn es getroffen hätte usw.

So auch dein Beispiel. Darnach müßte eigentlich das unversehrte

Gehirn den Geist hervorbringen; denn dann erst könnten Chloroform

oder Säbelhieb den Geist vernichten.

Das wäre die verkehrte Welt.

Es steht keinesfalls so mit dem Geiste wie etwa mit Wasser in

einem Topfe, welches, wird der Topf zerschlagen, ausfließt. Eher

schon so wie mit einem Werkmanne, dessen Haus, Werkstoffe und

Maschinen abbrennen, so daß er nichts mehr hat, woran sich seine

Kunst zeigen könnte. Laß mich das näher begründen.

Fürs erste, was durch Säbelhieb und Chloroform vergeht, ist

das sinnliche Bewußtsein, nicht der Geist selbst. Beweis: Das

sinnliche Bewußtsein kehrt wieder nach der Heilung, es „verging”

also nicht, sondern wurde nur suspendiert. Willst du das über-

sehen ?

Der Zerstreuer:

Das ergäbe also den Begriff eines latenten Lebens, latenten

Geistes ?

Der Sammler:

Allermindestens — selbst in den Kategorien der Physik gedacht!

Bedenke aber vor allem, daß auch der Geist dem Körper einen

Säbelhieb versetzen könne — wenn z. B. jemand aus Schrecken tot

umfällt oder aus Gram hinsiecht! Es gibt also nicht nur eine Macht

des Körpers über den Geist, sondern auch des Geistes über den

Körper. Dafür gibt es ja noch andere Belege, z. B. die krankhafte

Phantasie Hysterischer, Hypnotisierter, Somnambuler, die den Kör-

per gewaltig beeinflußt, so daß sie sogar Geschwüre willkürlich

entstehen und vergehen lassen können.

Stets ist zum Verständnisse des Verhältnisses von Gehirn und

Geis t die Einsicht wesentlich: nicht das Gehirn bildet das Bewußt-

sein (das dann nur ein „Epiphänomen” wäre), sondern der Geist

ist es, der schon die Anlage zum Gehirn mitbringt.

Der Zerstreuer:

„Anlage des Geistes zum Gehirn”? Was soll sich der Naturfor-

scher dabei denken?