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Der Sammler:
Auch in der Sinnesempfindung ist es der sich selbst setzende, sich
selbst organisierende, selbst ausgliedernde Geist, den wir am Werke
sehen. Er setzt sich zwar mit te ls der Empfindung (in Gezweiung),
aber er muß sich immer selber zu dem machen, was er wird.
Auch in ihr ist Eigentätigkeit des Geistes das Erste.
Der Zerstreuer:
Inwieferne ?
Der Sammler:
Insoferne die spontane Geistestätigkeit es ist, welche die von Reiz
und Sinnesorgan dargebotene Anregung aufnehmen und das Em-
pfundene erst von sich selbst unterscheiden muß.
Der Zerstreuer:
Nur indem der Geist sich selbst setzt und selbst vergegenständ-
licht, empfindet er?
Der Sammler:
Ja, wie sich auch schon früher zeigte. Allerdings ist nicht alles
an der Empfindung Selbstsetzung. Denn „blau” oder „warm” ist
keine geistige Qualität, aber ohne die Spontaneität des Geistes kommt
auch sie nicht zustande: Die sinnliche Empfindung gehört zur Peri-
pherie des Geistes, zu seiner Verbindung mit der Materie. Sie ist
dem Geiste zu seiner Ausbildung zwar unentbehrlich, aber sie macht
nicht sein Wesen aus.
Der Zerstreuer:
Und wo tritt dieses hervor?
Der Sammler:
Das reine Wesen des Geistes tritt uns in Liebe, Denken, Gestal-
ten, Wollen entgegen. Gemeinschaft, Wissenschaft, Kunst und Sitt-
lichkeit ist das Werk des Geistes, nicht der Sinnlichkeit (trotz sinn-
licher Basis).
Der Zerstreuer:
Und das „Nihil est in intellectu, quod non fuerit in sensu” ?
Der Sammler:
Ist grundsätzlich falsch, hat schon Leibniz und Kant widerlegt.
Wer den Geist verstehen will, verlasse die herkömmlichen Wege
der Seelenbetrachtung, die überall von der Sinnesempfindung aus-
gehen. In der Liebe verinnerlichen wir uns den anderen Geist,