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darum erwacht in ihr die größte Innigkeit, das Gemüt; im Wissen

verinnerlichen wir uns den Gegenstand (denn alles, auch die Liebe,

können wir uns vergegenständlichen, wissen); in der Kunst ver-

innerlichen wir uns das Gestaltete (das ebenfalls gewußt und ebenso

geliebt werden kann), darum erwacht in ihr die Schönheit. Hier

i st überall das Reingei s tige am Werke, in welchem Sinnes-

empfindung nur vermittelnd da ist, keinen Wesensbestandteil bildet.

In der Sinnesempfindung dagegen erwacht uns die Natur.

Wer das Schöpferische in all diesen Vorgängen versteht, der wird

sich über jene große Macht im Setzen und Vergegenständlichen

nicht mehr zu sehr wundern, die in außerordentlichen Geisteszu-

ständen als Fernwirkung sogar den Raum, als Ahnung die Zeit zu

überwinden vermag.

Der Zerstreuer:

Ganz neu ersteht das Bild des Geistes im Lichte der Selbstset-

zung.

Der Sammler:

Laß uns die Sinnesempfindung später weiterverfolgen. Jetzt wenden

wir uns wieder dem Geiste zu. Noch eine andere Betrachtung lehrt

unwiderleglich das schöpferische Wesen des Geistes. Es ist der schon

berührte Satz: „Das Ganze geht in seinen Gliedern nicht unter.”

Das Ganze nämlich stellt sich zwar in seinen Gliedern dar, es formt

sich in seinen Gliedern, aber es verformt sich nicht in ihnen, es bleibt

zugleich bei sich selbst; gleichwie der Denkende einen Gedanken

denkt, aber dabei nicht in diesem aufgeht, ausfließt, sondern als

Denkender er selbst bleibt und dadurch den Gedanken sich gegen-

über hat und in sich befaßt. Der Satz „Das Ganze geht in seinen

Gliedern nicht unter” ist schon für sich allein ein Beweis der Un-

vergänglichkeit des menschlichen Geistes; er bleibt über dem Ver-

gänglichen seiner Setzungen bei sich bestehen.

Wenn daher das Geschaffene, Gesetzte vergeht, so nicht auch

der Schaffende. Mit den Gliedern vergeht nicht die Ganzheit, mit

den Gedanken nicht der Denkende, mit der Ausgliederung nicht

der Rückverbindende. Klar leuchtet diese Wahrheit hervor im mensch-

lichen Geiste; für die niederen Ganzheiten kann sie nur auf einge-

schränkte Art gelten.

Du siehst, auf jede Weise ergibt sich: im Wesen des Schöpfertums

liegt, über der Vergänglichkeit zu stehen.

Das Ganze

geht in seinen

Gliedern

nicht unter

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