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Aber der Abstand vom Geiste ist dennoch ungeheuer groß. Denn

das Sichverräumlichende ist eine andere Art oder Ebene des Seins

gegenüber dem Geistigen, das sich nicht verräumlicht, sondern denkt.

Und daher steht auch die Unsterblichkeit des persönlichen Geistes

gegen die Hinfälligkeit der natürlichen Dinge. Der Urgrund der

Natur in seiner Immaterialität darf und muß allerdings ebenfalls als

unverbrüchlich, unverderblich betrachtet werden.

Der Zerstreuer:

Ich erkenne an, daß auf diese Weise Sein und Nichtsein in der

Natur sowie der Abstand des Geistes von ihr begreiflich wird; und

ebenso wenigstens die Möglichkeit der Verbindung von Geist und

Stoff durch Verbindung mit ihrem immateriellen Grunde.

Damit ist viel erreicht. Hier hast du dein Meisterstück geliefert,

die Werkzeuglichkeit, Dienstbarkeit der Materie und die Sinnes-

empfindung in den Bereich der Begreiflichkeit gerückt, das Grauen

des relativen Nichtseins der Materie, ihre Vergänglichkeit aufgedeckt!

Aber unsere Hauptfrage: Wieso wird der Mensch von der Natur,

von seinem Leibe überwältigt? Woher Not, Krankheit, Wahnsinn?

Wo bleibt das Schöpfertum des Geistes?

Der Sammler:

Der Geist ist zuletzt unverletzlich. Er kann nicht krank werden.

Dem Wesen der Verbindung von Geist und Stoff gemäß kann das

Zurücktreten des Geistes in ihr zuletzt nur am Geiste selbst liegen.

Der Zerstreuer:

Obwohl der Geist so hoch über dem Stoffe steht?

Der Sammler:

Ja, weil er selbst nicht vollkommen ist!

Es ist wahr, im Geiste als Sichwissen, als Persönlichkeit, die, auf

dem Grunde der Liebe, zugleich Glied der Gemeinschaft ist, liegt

unmittelbare Gewißheit eines überweltlichen Seins, liegt wahres Sein,

das nicht Nichts, nicht nichtig ist, sondern Sein an sich, Unsterb-

lichkeit. Das ist nichts Erdachtes, nichts Erschlossenes, sondern un-

mittelbar Innegewordenes.

Indessen — und das ist der Schlüssel des Geheimnisses — ist der

Geist nicht unzerstreutes Bei-sich-selbst-Sein, nicht lautere Liebe,

nicht durchgreifender Actus purus — nicht vollkommen! In all dem

ist auch etwas von Mangel und in dessen Folge von Trübung, Finster-

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