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Weil echtes Schöpfertum so vernehmlich von der Unzerstörbar-
keit des Geistes zeugt, darum haben große Männer stets ein ur-
sprüngliches inneres Wissen davon. Sieh dieses kleine Heft. Ich
stellte mir einige ihrer Äußerungen zusammen.
So sagt Goethe zu Eckermann, „daß kein tüchtiger Mann je an
seiner Fortdauer gezweifelt habe”. Oft angeführt wird ein anderes
Wort Goethes zu Eckermann: „Die Überzeugung unserer Fortdauer
entspringt mir aus dem Begriff der Thätigkeit; denn wenn ich bis an
mein Ende rastlos wirke, so ist die Natur verpflichtet, mir eine an-
dere Form des Daseyns anzuweisen . . .”. Was Goethe hier „Tätig-
keit” nennt, ist gewiß nicht ein nach den Erhaltungssätzen der Physik
zu begreifender „Energievorgang”, sondern eine aus den Tiefen der
Persönlichkeit entspringende, von sich selbst herkommende, eine —
schöpferische Wirksamkeit — Fichtes Selbstsetzung!
Wie sich Goethe die Krisis des Überganges in die andere Ebene
des Seins vorstellte, pflegte er gerne an dem Bilde des Schmetter-
lings, der die Hülle durchbricht, zu versinnbildlichen, wie unter
anderem seine berühmten, in das Fremdenbuch der Massenmühle
bei Elgersburg, 28. August 1831 (vor seinem Tode), geschriebenen
Verse bekunden:
„Lange hab ich mich gesträubt,
Endlich gab ich nach!
Wenn der alte Mensch zerstäubt,
Wird der neue wach!
Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.”
Goethe war seines Unsterblichkeitsbewußtseins so sicher, daß er
bekanntlich sogar abstufte: „. . . um sich künftig als große Ente-
lechie zu manifestiren, muß man auch eine seyn”, sagte er in einem
Gespräche. Von da aus sind auch seine bekannten Worte zu verste-
hen:
„Nichts vom Vergänglichen,
Wie’s auch geschah!
Uns zu verewigen,
Sind wir ja da.”
Und wer kennt nicht ein anderes vielsagendes Goethewort an
Auguste zu Stolberg von 1823: „... bleibt uns nur das Ewige jeden Au-
genblick gegenwärtig, so leiden wir nicht an der vergänglichen Zeit,”
Das Unsterb-
lichkeitsbe-
wußtsein gro-
ßer Männer
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