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Der Sammler:
Und das will beim Verfasser der „Ahnfrau” und des „Traum ein
Leben” viel sagen!
Victor Hugo erklärte 1866 in hohem Alter in einer vor Atheisten
gehaltenen Rede:
„Ihr sagt, die Seele sei nur der Ausdruck der körperlichen Kräfte.
Nun, warum ist meine Seele leuchtender, wenn die Körperkräfte mich
bald verlassen sollen? . . . Immer mehr nähere ich mich dem Ende,
und immer deutlicher höre ich um mich die unsterblichen Symphonien
der Welten, die mich rufen! . . . Das Grab ist keine Sackgasse, es ist
eine Allee; es schließt sich in der Dämmerung und öffnet sich aufs
neue im Morgenrot.”
Conrad Ferdinand Meyer glaubt an einen Aufstieg der Seelen
nach dem Tode. In „Huttens letzte Tage” läßt er den Pfarrer sagen:
„Ein neues Leben wird uns aufgetan
Auf hellem Stufen nach durchlaufner Bahn.
Ich lieb Euch, Hutten, und ich möchte gern
Euch wiedersehn auf einem schönem Stern.”
In den „Nachtgedanken” Eduard Youngs lesen wir:
„Wessen blinder Sinn die Zukunft leugnet,
Verdammt sich selbst. Es steht in deiner Brust
Geschrieben ein unsterblich Leben — oder
Natur, betrügend ihre Söhne, schrieb
Nur Fabeln, und der Mensch ist Lüge.”
Wie die Dichter, so alle anderen Künstler. Michelangelo äußerte,
selbst schon in hohem Alter, nach dem Tode seines neunzigjährigen
Vaters:
„Durch dein Sterben will ich das meine lernen.
Du bist glücklich. Mit dem Gedanken folg ich
Weit dir nach in des Himmels Fernen.
Tod sei, glaubt ihr, das Übel in höchstem Grade?
Dem nicht, dem der letzte zum ersten Tage wird
Vor des Ewigen Thron durch die göttliche Gnade.”
Der englische Maler und Mystiker William Blake sagte ganz im
Sinne echter Geisteslehre:
„Menschen werden nicht darum in den Himmel gelassen, weil sie ihre
Leidenschaften beugten . . ., sondern weil sie ihre Geistesfähigkeiten
pflegten. Die Schätze des Himmels sind . . . Wirklichkeiten des
Geistes . .