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z w e i t e n T e i l versucht wird, dem im ersten Teil erweckten In-
teresse am Kennenlernen des Geistigen im Menschen entgegenzu-
kommen und vor dem geistigen Auge ein Gesamtbild der geistigen
Wirklichkeit zu entrollen. Dabei werden die arteigenen Möglich-
keiten des Gesprächs genützt, dem Leser Anstöße für das eigen-
ständige Weiterforschen zu bieten. Er wird zur Einsicht geführt, daß
gerade im gesammelten und zur Selbsterfassung bereiten Blick auf
das eigene Geistesleben, wie sie jedem zum Gebrauch der reflexen
Vernunft gekommenen Menschen aufgetragen ist, eine innere Grund-
einstellung und Grundhaltung erreicht ist, welche den Menschen
erhebt, adelt, vervollkommnet, ihm das Leben unter allen Um-
ständen als menschenwürdig erscheinen läßt, so daß ihn kein noch
so grausames Los seiner selbst oder seiner Mitwelt dazu bringen
kann, sein Menschsein gering zu achten. Während also der erste
Teil des Gesprächs dem Zerstreuer und mit ihm nicht wenigen
Lesern gewissermaßen den ersten Anstoß zu einem Reflektieren
über das geistige Innenleben zu geben vermag, kann ihn der zweite
Teil auf diesem Wege ein gehöriges Stück weiterbringen: zur Samm-
lung und Versenkung in sich selbst und in die Welt des Geistigen
überhaupt. Spann muß es selbst gefühlt haben, daß sich nach dieser
Richtung sein Gespräch als besonders wirksam und fruchtbar erwei-
sen kann. Man spürt es geradezu aus seinen Worten heraus, wie
eindringlich er uns zurufen will: Wenn ich es euch nur sagen könnte,
welche Köstlichkeiten euer harren, wenn ihr zu jener Sammlung
und Versenkung kommt, welcher ich nicht nur meine tiefsten
Erkenntnisse, sondern auch meine höchsten Erhebungen, meine in-
nigsten Gemeinschaftserlebnisse, meine vollendetsten Schöpfungen,
meine besten Gebete und so fort verdanke! Könnte ich euch nur zu
diesem einen bringen, diese und noch höhere Wunder würden an
euch geschehen!
Schließlich kann es als Frucht dieser List gelten, wenn im
d r i t t e n T e i l versucht wird, den Blick wiederum auf das Ver-
hältnis von Sinnlichkeit und Geistigkeit zurückzulenken, nunmehr
aber nicht mehr zu dem Zweck, auf die Verschiedenartigkeit von
Naturordnung und Geistesordnung zu achten, sondern in der Ab-
sicht, beide als wechselseitige Ergänzungen in einer übergeordneten
Einheit zu sehen, welche allerdings den Spannungsreichtum größter
Rangverschiedenheiten aufrechterhält. Jenes Ganze, in welchem sich
die Natur- und Geistesordnung als wohlunterschiedene und als gleich
ursprünglich „mitausgegliederte“ Ganzheiten finden, ist ja noch nicht
dadurch ausreichend beschrieben, daß man jede dieser Ordnungen
für sich selbst beschreibt und allenfalls noch auf die Verschieden-
heiten und Gleichheiten in den Eigenschaften, welche beide Ordnun-
gen aufweisen, aufmerksam macht. So kann es nicht ausbleiben, daß
g e r a d e a n d i e s e r S t e l l e S p a n n d a s F ü l l h o r n s e i -
n e r G a n z h e i t s l e h r e ö f f n e t und dem Leser auch auf die