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Bibel in Einklang hält? Könnte es nicht sein, daß es jene Unsterb-

lichkeit, wie sie die Griechen lehrten, überhaupt gar nicht gibt, und

daß es ein Mißverständnis war, wenn gewisse Theologen, welche für

spätere Zeiten der abendländischen Geistigkeit tonangebend wurden,

den griechischen und den neutestamentlichen Unsterblichkeitsbegriff

miteinander identifizierten?

Die hier aufgeworfene Frage ist noch zu sehr im Stadium der

Klärungsbedürftigkeit, als daß wir hier zu einer Antwort den Mut

fänden. Anderseits ist sie aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt doch

schon mit genügendem Nachdruck und Widerhall geltend gemacht

worden, als daß wir sie hier einfachhin übersehen könnten. Man

kann sich ihr nicht mehr entziehen. Sie steht ja auch nicht allein für

sich da. Es gibt eine Fülle von Fragen, welche mögliche Mißverständ-

nisse betreffen, die aus einer Nichtbeachtung oder Unterschätzung

des Unterschiedes zwischen griechischer und biblischer Denkweise

entstanden sein können.

Ist es nun ein V o r t e i l o d e r e i n N a c h t e i l , w e n n

d i e S c h r i f t S p a n n s ü b e r d i e U n s t e r b l i c h k e i t e r -

s c h e i n t , n a c h d e m d i e h i e r a n g e d e u t e t e P r o b l e -

m a t i k v i r u l e n t g e w o r d e n i s t , w e l c h e z u n ä c h s t

d i e t h e o l o g i s c h e , i n d i r e k t a b e r a u c h d i e p h i -

l o s o p h i s c h e U n s t e r b 1 i c h k e i t s p r o b l e m a t i k i n

e i n e m v o n u n s n o c h n i c h t e i n d e u t i g a b z u s c h ä t -

z e n d e n A u s m a ß r e v o l u t i o n i e r e n k a n n ?

Ich für meinen Teil halte dies alles in allem für keinen Nachteil.

In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg war die von uns ange-

deutete Problematik überhaupt noch nicht aufgebrochen. Nach dem

zweiten Weltkrieg war sie noch nicht so virulent und so unüberseh-

bar wie heute. Damals hätte man jedenfalls noch darüber streiten

können, ob es angezeigt sei, sie im Nachwort zu Spanns „Gespräch“

auch nur eines einzigen Wortes zu würdigen. Trotzdem aber hätte

die Erkenntnis nicht ausbleiben können: Angesichts der neu auf-

gebrochenen Problematik müssen alle Schriften, welche die christ-

liche Unsterblichkeit in ihrer reinsten Form zu verteidigen, ja sogar

aus der Vernunft heraus zu beweisen wähnen, von Grund auf neu

überdacht und überprüft werden. Dabei hätte es geschehen können,

daß unser „Gespräch“ von allem Anfang an ausschließlich oder doch

vorwiegend unter dem Gesichtspunkt seiner Beweiskraft für die

Unsterblichkeit der Menschenseele betrachtet worden wäre. E i n e

u n v e r m u t e t e W e n d u n g d e r t h e o l o g i s c h e n U n -

s t e r b l i c h k e i t s p r o b l e m a t i k

h ä t t e

a l s o

s e h r

l e i c h t

d a z u f ü h r e n k ö n n e n , d a ß m a n i h r e a u f a n d e r e r

E b e n e l i e g e n d e n E i g e n l e i s t u n g e n n i c h t g e b ü h -

r e n d b e a c h t e t u n d a u s g e w e r t e t h ä t t e . Nunmehr aber

hatten wir Anlaß, in unserem Nachwort besonders eindringlich auf