Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8643 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8643 / 9133 Next Page
Page Background

149

Gefahr hin, daß dieser — besonders bei ausschließlicher Kenntnis-

nahme von diesem „Gespräch“ — nicht alles zu fassen vermag, die

verschiedensten Köstlichkeiten in den Schoß schüttet, die ihn das

einigende Band ahnen lassen, welches Natur- und Geistesordnung

im Innersten zusammenhält.

Zunächst möchte man meinen, Spann habe diesen Ausblick nur

vermittelt, um Anstöße zum Lesen seiner Naturphilosophie zu bieten,

so wie seine Geisteslehre den Anstoß zum Lesen seiner Schrift

„Erkenne Dich selbst“ geben will. Aber bei tieferer Betrachtung

wird klar, daß Spann seinen Unsterblichkeitsbegriff nicht genügend

verdeutlichen oder doch nicht genügend entfalten könnte, wenn er

diesen Ausblick nicht böte. Wenngleich dem einzelnen Menschen

Unsterblichkeit auf Grund seiner Geistigkeit und Persönlichkeit

zuteil wird, faßt Spann das unsterbliche Dasein doch keineswegs als

ein Loslösen des Geistes und des Persönlichkeitskernes von allen

Bezügen zu Sinnlichem und Materiellem auf. Sein Unsterblichkeits-

begriff unterscheidet sich insofern sehr wohl von jenem der Griechen,

wenngleich hier wie dort der Unsterblichkeitsbeweis aus dem Wesen

des Geistigen geführt wird. Spann will auch für das Leben nach

dem Tod und für den Zustand der Vollkommenheit die Sinnlichkeit

und die Beziehung zur sinnfälligen Welt durch die Sinnlichkeit nicht

ausklammern.

Auch wenn man sich den hier aufscheinenden Unsterblichkeits-

begriff nicht aneignet und wenn man zögert, Spanns Gedanken-

gänge als vollgültige Unsterblichkeits b e w e i s e anzuerkennen,

wird man doch wenigstens das eine sagen müssen: Die Unsterblich-

keitsüberzeugung kann zwar in bestimmten Formen, muß aber

durchaus nicht in jeder Form mit einem Mangel an Gespür für die

arteigenen Werte von Erde, Natur, Materie, Weltall und so fort be-

haftet sein. Daß dies nicht der Fall sein muß, beweist die hier

besprochene Schrift, welche einerseits die Unsterblichkeit des Men-

schen, allerdings in einer bestimmten Ausprägung dieses Begriffes,

nicht nur behauptet, sondern sogar nachzuweisen sucht, anderseits

aber ein Maß der N a t u r l i e b e u n d N a t u r f r e u d e ,

N a t u r b e g e i s t e r u n g u n d N a t u r d u r c h g e i s t i g u n g

z e i g t , w e l c h e v o n k e i n e m e i n z i g e n j e n e r ü b e r -

b o t e n w i r d , w e l c h e g e g e n d e n U n s t e r b l i c h k e i t s -

g e d a n k e n i m g a n z e n m i t d e r B e h a u p t u n g z u

F e l d e

z i e h e n , e r e n t f r e m d e d e n M e n s c h e n s e i n e r A u f -

g a b e a n d e r N a t u r u n d a m i r d i s c h e n D a s e i n .

Die Ausführungen des dritten Teiles müssen mit jenen Aus-

sagen des ersten Teiles zusammengesehen werden, in welchen Spann

den Geist „leibfrei“ nennt. Diese Aussagen könnten für sich selbst

auch mißverstanden werden, sie bekommen ihr entscheidendes Pro-

fil erst zusammen mit den Äußerungen des dritten Teiles.