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mathematischer Verfahren klar herausgestellt, die Wirtschaft als
Mittelbeschaffung für geistige Ziele erkannt, die Begriffe der Lei-
stung und Entsprechung werden als entscheidende Kategorien her-
vorgehoben. Es zeigt sich deutlich, daß die Beschäftigung mit der
Wirtschaftswissenschaft für Spann gleichsam den empirischen Pol
bildete, von dem aus er seine philosophischen Gedanken ansetzen
und prüfen konnte. Es kann auch nicht bezweifelt werden, daß er
sein philosophisches Gebäude schon lange vor sich sah, ehe er es
klar „auszugliedern“ unternahm.
Das „Gespräch über Unsterblichkeit“ stellt den ersten Vorstoß in
dieser Richtung dar, wenn es sich zunächst auch noch in den Bahnen
der überlieferten Lehrgebäude bewegte.
Daß es zu einer solchen ersten Klärung kam, dazu trug ohne
Zweifel das Kriegserlebnis entscheidend bei. Spann selbst hat es
wiederholt bestätigt, daß das, was er später in seinem „Vorbericht“
ausführte, auf wahren Begebenheiten beruhte. Der im „Gespräch“
immer wieder vor Augen geführte Schauplatz ist also nicht erdich-
tet, die Fragestellung nicht gesucht, sondern erlebt, und es ist höchst
wahrscheinlich, daß ein tatsächlich stattgefundenes Gespräch den
Anlaß zu diesen Aufzeichnungen gab: eine unvorhergesehene Be-
gegnung, die zu einer gesammelten Aussprache drängte, deren Inhalt
er dann niederschrieb und seiner Gattin übersandte.
Als erste durchgeformte Frucht seines philosophischen Denkens
und wohl auch als Erinnerung an das aufwühlende Kriegserlebnis
stand diese Niederschrift Spann immer besonders nahe. Er hat sie
stets mit einer gewissen Wärme erwähnt, hin und wieder wurde
sie Freunden gezeigt, und es wurden bei solchen Gelegenheiten wohl
auch kleinere oder größere Zusätze eingefügt, wie es Spanns Ge-
wohnheit war, an seinen Arbeiten immer wieder zu feilen; doch
wurde niemals an eine Veröffentlichung gedacht. Die Zeit zwischen
den Kriegen war einem „Kriegsgespräch“ nicht günstig, auch haftete
der ursprünglichen Fassung gewiß noch viel Persönliches an. Der
schon erwähnte „Vorbericht“ sucht dies zu mildern: Spann erscheint
darin nur als Herausgeber, und es wird darauf verwiesen, daß das
Gespräch vor vielen Jahren stattfand.
Tatsächlich stammt die Fassung, die uns heute allein noch vor-
liegt, aus weit späterer Zeit: Sie wurde im Herbst 1938 begonnen,
eine erste Neufassung war im Frühjahr 1939 so weit gediehen, daß
sie Spann der befreundeten Gattin des Verlegers Bruckmann nach
München als druckreif (mit Anweisungen für den Setzer) übersandte.
Als diese die Schrift im November des gleichen Jahres zurück-
stellte—begreiflich: war doch inzwischen der Krieg ausgebrochen—,
wurden weitere Veränderungen vorgenommen, bis im Herbst 1942
die endgültige Fassung erreicht war, die diesem Drucke zugrunde
liegt.