161
beseelte. Freilich ist der menschliche Geist nur ein „Fünklein“ des
Höchsten, sein Schaffen ist gebunden, und die zeitlichen Setzungen
vergehen, aber die schöpferische Einheit dauert!
1
Wie dieses Fortleben aussehen werde, darüber lehnt Spann in
der ersten Fassung jede Aussage ab, getreu seinem Grundsatz, nur
soviel zu sagen, als er bestimmt weiß. Darum nennt er die Schrift
auch „Gespräch über Unsterblichkeit“. Er legt sich auch späterhin
nicht auf diese oder jene geläufige Vorstellung von Unsterblichkeit
fest: er wahrt die Grenzen, die der Philosophie grundsätzlich ge-
zogen sind. Die vorgebrachten Beweise genügen aber, dem Krieger
die innere Ahnung zu festigen, ihm ein neues Lebensgefühl zu
geben.
2
So etwa muß der Inhalt der ursprünglichen Fassung des „Ge-
spräches“ ausgesehen haben
3
, als es Spann im Herbste 1938 vornahm.
Wie war es aber zur Neufassung gekommen? Spanns metaphy-
sische Begründung der Gesellschaft und des Staates hatte zu er-
bitterten Angriffen seitens des Nationalsozialismus geführt, die
Spann unerschrocken erwiderte. Als nun Hitler in Wien einmar-
schierte, wurde Spann verhaftet und nach München in ein Gefängnis
gebracht, wo er sich ein Augenleiden zuzog und operiert werden
mußte. Erst im Oktober 1938 gelang es, ihn aus der Haft zu be-
freien; nach langen Verhandlungen wurde ihm gestattet, auf seinem
entlegenen Besitz im Burgenlande zu verbleiben.
Nach all den Erschütterungen des Umbruches, der Haft und wohl
auch noch unter der Nachwirkung der schweren Operation konnte
sich Spann nicht unmittelbar einer größeren Arbeit zuwenden. So
lag es nahe, das „Gespräch“, an das er immer gern dachte, wieder
vorzunehmen. Als dann im September 1939 der Krieg ausbrach,
gewann es noch größere Bedeutung: waren doch zahlreiche Men-
schen, die ihm nahe standen, eingerückt. In ihm selbst wurde das
Kriegserlebnis wieder wach und damit der Wunsch, den im Felde
Stehenden zu helfen: das Buch sollte sie bestärken und festigen,
wie es einst ihn selbst gefestigt hatte. So fügte er immer wieder
neue Gedanken und Beweise ein.
Denn allerdings war seine Überzeugung nun in manchem klarer
1
Vgl. oben S. 88, 90, 94 und 96.
2
Vgl. oben S. 96 und 140.
3
Eine genaue Feststellung der aus dieser ersten Fassung übernommenen
Stellen ließ sich nicht durchführen, noch weniger hier zeilenweise mit-
teilen. Es möge also die Andeutung der Seitenzahlen genügen.