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matisch-mechanischen Verfahren im Bereiche der Natur zu gewalti-

gen Erfolgen geführt haben, aber ihre Anwendung im geistigen

Bereich hat katastrophale Folgen gehabt. Denn der Geist ist „Über-

natur“: im Geiste herrscht das Sinnvolle, keinerlei äußere Einwir-

kung kann ihn bestimmen.

1

Dagegen bedarf er der Einwirkung anderer Geister, der Gemein-

schaft, der „ G e z w e i u n g “ , um seine Kräfte zu entfalten. Indem

Geist den Geist berührt, werden die innersten Kräfte geweckt, wird

die Persönlichkeit ihrer selbst mächtig. In dieser Einheit der Geister,

in der Liebe kommt der Mensch nicht nur zu sich selbst, er erfährt

die Überwelt, in der alle verbunden sind.

2

Selbstbewußtsein, Einheit von Subjekt und Objekt, Persönlich-

keit ist ja nur denkbar, wenn der Geist einen höheren Halt in sich

trägt, gleichsam einen archimedischen Punkt, von dem aus er sich

selbst betrachten kann. Er muß also seinen Ankergrund in einem

Höheren haben, in Gott. Dieses „Fünklein“ des Göttlichen, das unser

Selbstbewußtsein ermöglicht, war allen großen Geistern wohl be-

wußt, vor allem hat es Meister Eckehart wieder und wieder ver-

kündigt. Dieses Fünklein ermöglicht erst das größte Wunder des

Geistes: die S e l b s t s e t z u n g .

Durch seinen Anteil an der Schöpfermacht, am „actus purus“

ist auch der menschliche Geist selbstmächtig, frei, er „setzt sich

selbst“. Dieses ist die höchste Kraft des Geistes, aus der alle anderen

Kräfte erfließen, dies ist auch die letzte Gewähr der Unsterblichkeit.

Denn „was den Grund der Bewegung in sich selbst trägt, kann nicht

vernichtet werden“, sagte schon Platon. Der Geist wirkt aus eigener

Tiefe, freilich besitzt er diese Tiefe nur durch sein Befaßtsein in

Höherem, zuletzt in Gott.

3

Doch werden uns alle diese Tiefen nicht von selbst offenbar, es

bedarf der Sammlung. Sammlung und — ihr eng verbunden — Fleiß

sind die Kräfte, die den Geist zu sich selbst führen

4

. Wer aber die

schöpferische Wurzel des Geistes erlebte, der weiß, daß er nicht

sterben kann. Sterblichkeit ist ein rein materieller Begriff. Ja selbst

die Natur ist in ihrer schöpferischen Wurzel unvergänglich! So reicht

der Unsterblichkeitsglaube auch in die frühesten Zeiten der Mensch-

heit zurück.

5

Unserer Zeit freilich, deren Weltbild ganz vom Mate-

riellen her geprägt ist, sind solche Überzeugungen kaum erschwing-

lich. Ein neues Erkenntnisideal müßte die Menschen erfassen, ein

Drang nach dem Höchsten, wie er alle großen Schöpfergeister