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Beide Freunde hatten auch dieselbe Richtung in der Philosophie

verfolgt, jene nämlich, die ihnen einerseits durch die unbegrenzte

Hochachtung vor den Leistungen der neuzeitlichen Naturwissenschaft

vorgeschrieben schien, andererseits doch in höhere Ebenen, als sie die

reine Empirie erreicht, hinaufstrebt. Man könnte sie einen kritischen

Empirismus oder empirischen Kritizismus nennen, wenn sich diese

Worte nicht widersprächen. Jedenfalls berührte sie mit dem einen

Ende die Kantische Gedankenwelt, während das andere in den Na-

turwissenschaften wurzeln wollte. Da beide damals Physiker von

Fach waren, so entfernten sie sich damit immerhin beträchtlich von

dem gedankenlosen Materialismus, der sich sonst in diesen Kreisen

breitmachte. Diesen pflegten sie mit den Worten des damaligen Er-

kenntnistheoretikers Schuppe zu verspotten:

,Ich wollt’, ich wär’ ein Louisdor,

Da kauft’ ich mir gleich Bier davor'

— womit nämlich gesagt sein will, daß, wer zum Louisdor würde, sich

nicht zugleich Bier kaufen könne; das heißt, daß der Materialismus

in naivem Widerspruche die Materie z u g l e i c h als Objekt (hier

der Louisdor) und als Subjekt, als denkendes Ich (hier der Bier Kau-

fende) auffasse. Als sie das berühmte materialistische Buch von La

Mettrie ,Der Mensch eine Maschine' (L’homme machine) von 1748

kennen lernten, stimmten sie dem Epigramme Kästners zu:

,Ein gutes Herz,

Verwirrte Phantasie,

Das heißt auf deutsch:

Ein Narr war Lamettrie.'

Noch ein anderes Band aber vereinte sie. Beide Freunde hingen

mit ganzem Herzen den schönen Künsten an, namentlich den klas-

sischen und romantischen Meistern der Poesie, Musik und Bildnerei.

Sie waren sich allerdings über die Widersprüche nicht vollständig klar,

die zwischen den skeptischen Teilen ihrer philosophischen Studien

und der übersinnlichen Weltauffassung dieser Kunst bestanden, wenn

sie sie auch dunkel fühlten. Doch ging von da ein Strahl romantischer

Sehnsucht durch ihre Herzen und ließ ihr Philosophieren niemals ein

letztes Ende, niemals Ruhe finden.

Das Leben hatte sie getrennt, schließlich verloren sie, in andere

Gegenden verschlagen, lange Jahre hindurch jede Fühlung. Als sie

nun einander nach so langer Zeit unter den so völlig veränderten, bis

auf den Grund aufwühlenden Umständen der vordersten Schlacht-

reihe, mitten im rauhen, unwirtlichen Waldlande der Karpaten so

unverhofft begegneten, traten die Bilder jenes zuversichtlichen, feuri-

gen Strebens, das die Jugend so strahlend macht, lebhaft vor ihre

Augen.

Diese Bilder zeigten ihnen das Erreichte und Nichterreichte, lösten

Freude über das eine, Unbehagen über das andere aus.

Erregt forschte jeder in den Zügen des andern. Denn wie es in

solchen Fällen zu geschehen pflegt, war jeder von beiden bange, welche

innere Entwicklung und Geistesrichtung der andere wohl genommen

hatte?