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standen, „sondern sie mit allen möglichen anderen Dingen auf den

Komposthaufen einer angeblich zwischen Staat und Individuum in

der Mitte liegenden ,Gesellschaft'... geworfen hat“

1

. Schäffle hat

jene Forderung erfüllt. Seine Auffassung gewährleistet — wenn sie

auch selbst nur einen ersten Anfang darstellt — eine fruchtbarere

Behandlung der betreffenden Erscheinungen, als sie die bisherige

„Massenpsychologie“

2

und ähnliche Versuche üben.

B. Wilhelm Dilthey

Die erkenntnistheoretischen Vorbedingungen, welche Diltheys

Versuch der Auseinanderlegung der gesellschaftlichen Wirklichkeit in

Objektivationssysteme zugrunde liegen, sind uns schon bekannt. Wir

können daher zur Darstellung unmittelbar übergehen.

Dilthey hält stets daran fest, daß Individuum und Gesellschaft Abstraktionen

sind. In unserer Erfahrung kennen wir nur ein in geschichtlich-gesellschaft-

lichem Zusammenhange gegebenes Individuum, das als reines Individuum erst

mittels Abstraktion aus dieser Totalität herausgeschält werden kann. G e s e l l -

s c h a f t ist also ihrem Begriffe nach ein gegebener Totalzusammenhang, aus

welchem die wissenschaftliche Erkenntnis nur T e i l i n h a l t e , wie Wirtschaft,

Kunst, Recht usw. herausabstrahieren kann. Dilthey gibt eine Zergliederung des

inneren Aufbaues der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit zunächst durch

Zergliederung des Aufbaues der Geisteswissenschaften „in seiner einheitlichen

Fundamentierung und seinem inneren Zusammenhalte“. Innerhalb dieser Ana-

lyse wird der weitere geisteswissenschaftliche Zusammenhang, in dem die Gesell-

schaftswissenschaften stehen, klar.

Die G r u n d l a g e der Geisteswissenschaften bildet ihm, wie unsere frühere

Darstellung näher gezeigt hat, die Erkenntnis der in der äußeren Natur liegenden

Bedingungen der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit. Diese naturwissen-

schaftliche Erkenntnis ist in der Geisteswissenschaft (Menschheitswissenschaft) not-

wendig und wertvoll, entsprechend einer z w e i f a c h e n A b h ä n g i g k e i t

1

Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl., Tü-

bingen 1896, S. 89.

2

Als die wichtigsten Schriften dieser „Massenpsychologie“ wären zu nennen:

G u s t a v e L e B o n : Psychologie des foules, 2. Aufl., Paris 1900, deutsch von

Rudolf Eisler unter dem Titel: Psychologie der Massen, 3. Aufl., Leipzig 1908;

S c i p i o S i g h e l e : Psychologie des Sectes, Paris 1898; derselbe: Psychologie

des Auflaufes und der Massenverbrechen, deutsch von Hans Kurella, Dresden

1897. — Ferner die Schriften G a b r i e l T a r d e s (siehe unten viertes Kapitel,

Abschnitt IV); über die Massenpsychologie vgl. Ludwig Stein: Die soziale Frage

im Lichte der Philosophie, Vorlesungen über Sozialphilosophie und ihre Ge-

schichte, Stuttgart 1897, S. 530 ff.