Table of Contents Table of Contents
Previous Page  92 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 92 / 9133 Next Page
Page Background

91

genannte Art von Abhängigkeitsverhältnissen der psychischen oder

psychophysischen Elemente eines Zweckzusammenhanges kann das

Thünensche Gesetz dienen, das das Verhältnis ausdrückt, in welchem

die Entfernung vom Marktorte die Intensität der Landwirtschaft

bedingt. „Solche Abhängigkeiten werden naturgemäß gefunden und

dargestellt in dem Zusammenwirken der Analysis des [Kultur-]

Systems, mit dem Schlusse aus der Natur der Wechselwirkung der

psychischen... Elemente, sowie der Bedingungen von Natur und

Gesellschaft, unter denen sie stattfindet.“

1

Die Abhängigkeiten der

zweiten Art sind solche engeren Umfanges. So ist ein Dogma in-

nerhalb eines religiösen Systems nicht unabhängig von den anderen

Sätzen, die in demselben mit ihm vereinigt sind.

Die ä u ß e r e O r g a n i s a t i o n d e r G e s e l l s c h a f t . Da

eine ungestörte freie Wechselbeziehung der Individuen im Zweck-

zusammenhange durch die Eigenartigkeit der menschlichen Natur

ausgeschlossen ist, so gesellen sich zu diesem einfachen „aufeinander

bezogenen Tun der einzelnen“ noch „ k o n s t a n t e B e z i e -

h u n g e n “ hinzu. Dadurch erhält der Zweckzusammenhang die

Struktur eines Verbandes von Willenseinheiten, einer O r g a n i -

s a t i o n . Die äußere Organisation der Gesellschaft entsteht also,

„wenn dauernde Ursachen Willen zu einer Verbindung im ganzen

vereinen“

2

; ihre Formen sind: Staat, Kirche, Familie und Verbände

überhaupt. Die Funktionen des so entstehenden G e s a m t w i l -

l e n s sind es also, welche die „konstanten Beziehungen“ ausmachen,

die zu den Wechselbeziehungen in den Kultursystemen hinzukom-

men und die „äußerliche Organisation der Gesellschaft“ bedeuten.

Die psychologischen Grundlagen der äußeren Organisation liegen

letztlich in den psychischen Tatsachen „zweiter Ordnung“: Bedürf-

nis und Gefühl von Gemeinschaft, sowie Bewußtsein von Herrschaft

und Abhängigkeit (Interesse und Zwang). Die Wissenschaften von

der äußeren Organisation der Gesellschaft sind die Staatswissen-

schaften, welchen die allerdings ganz problematische Stein-Mohlsche

wodurch der Rückfall ins Psychologische und die Berufung auf spätere erkennt-

nistheoretische Grundlegung.

1

Wilhelm Dilthey: Einführung in die Geisteswissenschaft, Bd 1, Leipzig 1883,

S. 55 f.

2

Wilhelm Dilthey: Einführung in die Geisteswissenschaft, Bd 1, Leipzig 1883,

S. 54.