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Was wir in erster Linie gegen diese Unterscheidung — die wegen

ihres typischen Charakters eingehender zu untersuchen ist, — gel-

tend zu machen haben, ist das: daß irgendwelche „freie“ Wechsel-

beziehungen durch Hinzutreten „konstanter Beziehungen" (etwa

staatlich gesetzter Imperative) in ihrer tatsächlichen Gestaltung

namhafte Abänderungen erfahren, kann grundsätzlich keinen an-

deren Fall darstellen, als wenn diese Wechselbeziehungen durch

Hinzutreten moralischer, religiöser usw., kurz kultursystematischer

Bedingungen, das heißt also durch Vermehrung oder Komplikation

jener ursprünglichen Wechselbeziehung im Zweckzusammenhange

selbst modifiziert, „geregelt“ werden. Hier kann man aber nicht

von einem äußerlich organisierten Gesamtwillen sprechen, obwohl

grundsätzlich dieselben Tatbestände von „Regelung“ vorliegen, die

eben die Sonderstellung der „äußeren Organisation“ rechtfertigen

sollen. Wenn sowohl die „Leistung des Gesamtwillens“ wie jede Tat-

sache „freier Wechselbeziehung“ im Zweckzusammenhange als Im-

perativ wirkt, wo soll dann noch der g r u n d s ä t z l i c h e Un-

terschied zwischen Zweckzusammenhang und äußerer Organisation

sein? Wird z. B. Käufern und Verkäufern ein bestimmter Preis vor-

geschrieben (etwa im Arbeitsvertrage durch Gewerkvereine), oder

können sie ihn gänzlich „frei“ vereinbaren, so liegt insofern grund-

sätzlich ein gleicher Tatbestand vor, als die Motivationsbedeutung

(das heißt psychologische Wirkung) der Preistatsache als festgesetz-

ter ganz dieselbe ist, ob sie nun das Ergebnis freier Wechselbezie-

hung oder verbandlicher Bestimmung sei.

Das Moment des Z w a n g e s tritt zwar im Falle der Setzung

des Imperativs durch einen Verband augenscheinlicher hervor als bei

freier Wechselbeziehung; dies kann aber keinen grundsätzlichen Un-

terschied begründen. Man kann sich im Gegenteile gerade darauf

stützen, daß dieses Moment auch im Zweckzusammenhange grund-

sätzlich nirgends fehlen kann. Wenn (nach Dilthey selbst) jemanden

z w i n g e n heißt, Motive in ihm in Bewegung setzen, die stärker

begründeten Gegenüberstellung von u n r e f l e k t i e r t ,

sozusagen organisch

entstandenen Sozialphänomenen und solchen, die auf b e w u ß t e A k t e d e s

K o l l e k t i v w i l l e n s zurückgehen. — Diese von C a r l M e n g e r zuerst

eindringlich unternommene Unterscheidung werden wir nochmals kennen lernen.